Steile Wände kraxeln, pfeilschnelle Katamarane segeln – da wollen Kerle an sich unter sich sein. Was aber, wenn die Kids bei der Alpensafari dabei sein wollen?
Ein bisschen Fehl am Platz wirkt Judith Perathoner hier oben schon. Mailand, ja, vielleicht als Chefin einer Mode- oder PR-Agentur in Mailand. Aber mit lässigem Kurzhaarschnitt, schwarzer Nerd-Brille, coolen Diadora-Sneakers als Wirtin der „Tierser Alpl“ auf 2440 Metern am Joch zwischen dem Tschamintal und der Seiser Alm? Wobei das „Feuerwehrhaus“ mit einer normalen Herberge für Wanderer wenig gemein hat. Es ist zwar schon unprätentiös, aber auch super stylisch. „Wir wollten die Einfachheit und das Nützliche bewahren“, sagt Stefan, Judiths Mann. Der Umbau zum Genusstempel ist den beiden Südtirolern gelungen. Das Schutzhaus liegt traumhaft, die Aussicht ist traumhaft, und so isst man auch.
Genau so etwas hatten wir, drei Münchner Patchwork-Daddys, mit unseren Kindern gesucht. Einerseits wollten Sebastian, Marc und ich mit Leni (6), Marie (9), Moritz (12) und Luca (13) mal richtig abtauchen, andererseits ganz hoch hinaus. Warum nicht beides verbinden? Mit Shorts und Bikini beginnen, mit Pickel und Steigeisen die Tour beenden. Die Idee einer Alpen-Safari von „0 auf 3000 Meter“ war geboren.
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Das Schutzhaus liegt auf dem Weg vom von der Seiser Alm zum Rosengarten. Sie verbindet stylische Alpin-Architektur mit herausragender Küche. Tipp: Gulasch vom Kastelruther Ochsen mit Speckknödel!
www.tierseralpl.com
So geraten wir – mit Mountainbikes von Torbole aus – auf den Sentiero Contrabbandieri. Das ist ein schmaler, 150 Meter über dem Abgrund hängender Schmugglerweg an einer steil abfallenden Felsenwand hoch überm Westufer des Gardasees. Den Vätern schlottern die Knie, die Kinder bleiben cool. Erst lauschen sie unserem Guide Gianluca, wie er die „geheimen Geschichten“ von den Schmugglern erzählt. Dann dürfen sie springen, rutschen und platschen. Aber nicht im Gardasee, sondern in einer Schlucht am Lago di Ledro. Während die Mädels anfangs noch großen Respekt zeigen, sind Mori und Luca kaum zu bremsen. Immer wieder suchen sie schwindelerregende Vorsprünge, von den sie sich herunterstürzen können.
Einen Tag später sind aber selbst die beiden Pubertiere beeindruckt. Von Massimo, dem Kapitän unseres Race-Katamarans auf dem Gardasee. Mit ihm donnern wir mit 60 Sachen über den Lago. Die Kinderaugen weiten sich. Erst recht, als Massimo sein 1200 Kilo leichtes und 18 Meter langen Carbon-Geschoss auf die Seite legt. Wir schlagen in einem Affenzahn riesige Haken. Folgen kann uns keiner. Wie auch? Es gibt kein schnelleres Boot als Massimos ausrangierte America’s-Cup-Rennsemmel. Und für unsere Kids keine cooleren Dads.
»Den Vätern schlottern die Knie, die Kinder bleiben cool«
Gilt das auch in den Bergen? Frisch ausgestattet mit Wanderklamotten aus dem Store des kristallinen Salewa-Hauptsitzes bei Bozen gondeln wir mit der Umlaufbahn hinauf zur Seiser Alm. Von dort aus wollen wir in drei Stunden im Sonnenuntergang zum Schlernhaus wandern. Doch dann können die Kinder ihre Kameras nicht von den schönsten Bergen der Welt lösen. Etwas verwundert schauen uns die Bergsteiger an, als die beiden Glühwürmchen Marie und Leni kurz vor zehn mit ihren viel zu großen Stirnlampen die Hütte betreten. „Papi, das war der schönste Sonnenuntergang, den ich jemals gesehen habe“, flüstert Marie kurz vor dem Einschlafen. Und: „Danke, dass ihr Papis so einen Urlaub mit uns macht.“ Gilt also auch in den Bergen.
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Wenn einer für Familenabenteuer am Gardasee steht, dann ist es Marco Girardi. Der Chef der Alpinschule Mmove ist der beste Kids-Entertainer zwischen München und Modena
www.friendsofarco.it
Ausgeruht geht es am nächsten Morgen auf das „Tierser Alpl“. Dort wollen die Kids einfach mal nichts machen. So kommen wir tags drauf noch ausgeruhter im „Cyprianherhof“ an. Die Kids plantschen im Pool, über ihnen erhebt sich der Rosengarten. Es ist zweifelsohne eine der schönsten Ecken der Welt. Martin Damian, der Hotelchef, ist ein Schlingel. Jeden Dienstag nimmt er sich eine Auszeit, um mit seiner Frau Margareth auf die Berge zu steigen. Und er will „zwischen zehn und drei“ niemanden im Hotel sehen. „Wann hat man denn sonst die Freiheit, Laptop und Handy wegzulegen?“, fragt Damian. Gerade erst hat er zehn Millionen in die Hand genommen hat, um sein Wanderhotel zu einem „Dolomiti Resort“ zu machen (T. +39/0471/642 143, www.cyprianerhof.com). Weil er möchte, dass der Gast sich in der wenigen Freizeit, die er hat, nur um zwei Dinge kümmern muss: um sich – und seine Familie. Im Angebot: E-Bike-Touren, Kletter- und Wanderexpeditionen, Fitness-Einheiten und abends Klangschalenaufguss in der Lehmsauna oder Tiroler Aufguss in der Schupfensauna zur Entspannung.
Fast jeder war schon mal am Gardasee. Fast jeder ist schon mal um ihn geradelt oder dort auf dem Surfbrett gestanden. Die Segelschule bietet jedoch mehr. Und zwar, mit einer ausrangierten Americas-Cup-Rennsemmel über den Lago di Garda zu brettern
www.supersailacademy.it
Wir entscheiden uns für die Kräuterwanderung mit Heidi. Die gute Frau ist knapp 70, fit wie ein Teenie und kennt gefühlt jeden Grashalm im Rosengarten-Gebiet. Unsere vier Kids fragen ihr die Ohren blutig. Wie heißt die Pflanze, wie das Kraut, dort oben der Strauch? Heidi kennt alles. Nur einmal muss sie passen, als sie die Blumen auf Maries neuen Adidas-Schuhen bestimmen soll.
Oben angekommen, rennen Marie und Leni sofort zum Hasenstall. Und nisten sich bei ihren Spielpartnern fast ein. Wir haben schließlich Zeit. Während die anderen Gäste runter müssen, wollen wir oben auf der „Tschafonhütte“ bleiben, weil es dort angeblich das weltbeste Brennnessel-Omelett gibt. Frisch gepflückt wird das piksende Unkraut mit Zwiebeln und Kräutern gekocht. Keines der Kids denkt an Fernsehen, niemand will auf dem Handy daddeln. Das geht auch schlecht, weil die Telefone leer und keine Steckdosen vorhanden sind, um sie aufzuladen. Es gibt im Zimmer eine Kerze und Streichhölzer. Das reicht.
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Sebastian, der alles fotografiert, fiel es natürlich als Erstem auf. „Das glaubt uns keiner“, war sein spontaner Kommentar. „Hier ist es so schön, wir müssen aufpassen, dass es nicht zu kitschig wird.“ Auf der Seiser Alm wird es wunderschön kitschig
www.seiseralm.it
Dann einmal Kontrast. Runter vom menschenleeren Berg, rein in die volle Stadt. Manchmal ist das schöne Bozen so voll, dass die Carabinieri die Stadt absperren. Dank eines Geheimtipps mogeln wir uns trotzdem durch und besuchen das Ötzi-Museum, gehen in der Laubengasse shoppen und auf den Obstmarkt. Dann aber schnell rauf nach Jenesien oberhalb von Bozen ins „Belvedere“-Hotel. Die Kinder springen im hohen Bogen in den unglaublichen Infinity-Pool, dahinter geht die Sonne unter. „Ey, Dad“, schreit Mori. „Coooler geht nun wirklich nicht!“ Dann fliegt er mit Luca platschend ins Wasser. Zum Glück sind gerade keine Gäste mehr da.
»Keines der Kids denkt an Fernsehen, niemand will auf dem handy Daddeln«
Nach dem Ruhetag geht es ans Eingemachte. Im „Belvita-Hotel Post“ in Sulden am Ortler treffen wir Reinhold Messner. Die Kinder sind nervös, schließlich wandern wir heute mit der Südtiroler Legende. Irritiert sind vor allem die beiden Mädchen, als „Der Reinhold“ erklärt, dass man beim „Wandern nicht immer quatschen“, sondern mal in sich gehen solle. In sich gehen Marie und Leni so eineinhalb Minuten. Dann reden die Girls wieder ohne Punkt und Komma. Dicht hinter der Legende. Ihn stört es an diesem Tag aber nicht, von zwei laufenden Metern vollgequatscht zu werden. „Reini“, so hat er sich den Kids vorgestellt, war am Abend zuvor noch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel Essen und ist dann mit ihr und ihrem Mann etwas „verhockt“. Um drei Uhr war Reini erst im Bett.
Die Kinder finden den Grenzgänger spannend: Fragen oben am Gipfel nach seinen Erfrierungen, nach seiner Halskette aus Tibet. Alles wollen sie wissen. Und er erklärt mit einer Engelsgeduld. Die Kinder können gar nicht genug von ihm kriegen, weswegen sie abends noch unbedingt seine Multivisions-Show in der Tennishalle in Sulden sehen wollen. Kaum sind wir dort, schlafen sie vor Erschöpfung fast alle ein.
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Keinen Strom gibt es auf der Hütte. So sitzt man bei Kerzenschein beisammen und redet miteinander. Weil auch kein Handy geht!
www.schutzhaus-tschafon.com
Gut so. Denn zum Finale furioso wollen wir auf die Eisseespitze oben in Sulden. Natürlich verlaufen wir uns gleich. Stehen plötzlich in einem Steilhang. Zurück können wir nicht, hoch eigentlich auch nicht. Doch es gibt keine Alternative, schließlich müssen wir hinten wieder runter (wo es hoffentlich nicht so steil ist). Es geht aber alles gut. Leni findet „spannend“, mal eine „Hauswand hochzuklettern“. Oben angekommen, machen wir erst mal Brotzeit. Nach dem Essen spielen die Kinder mit Steinen und Hölzern. Stundenlang.
Die Abrechnung kommt unten im Tal. Weil wir ahnen, dass die Mädels wegen des vielen Wanderns mal „zicken“ und die Jungs mal „nörgeln“ würden, haben wir Väter uns einen Deal überlegt. Jeder, der meckert, muss 50 Cent in die Urlaubskasse zahlen. Leni, die Kleinste, ist am Schluss mit 7,50 Euro dabei, Marie mit sieben. Die Jungs kommen mit 5,50 (Mori) und fünf Euro (Luca) davon. Natürlich lösen wir das Geld gleich ein: Es gibt Eis für alle. Selbst Leni, die „Oberzicke“, hat nun wieder ein breites Grinsen im Gesicht.
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Vergessen Sie Bali und Sri Lanka! Den coolsten Infinity-Pool über den Dächern Bozens gibt es hier!
www.belvedere-hotel.it