Sie sehen schaurig aus, aber sie bringen nur das Gute. Die Perchten sind uralte Dämonenvertreiber, die in den Rauhnächten im Alpenraum unterwegs sind. Im Salzburger Land kann man beim Perchtentreiben im Januar schaudernd dem Glück begegnen
Sie tauchen aus dem Nebel auf mit furchterregenden Masken und langen Nasen. Finstere Gestalten in Pelz gehüllt, die mit Höllenlärm und Glockengeläut, mit Böllerschüssen und Feuerwerk durch die Straßen der Gemeinden stapfen. Die Perchten sind wieder los in den Rauhnächten zwischen Weihnachten und Dreikönig. Der seit dem 14. Jahrhundert nachweisbare Brauch hält sich seit Jahrhunderten im bayerisch-österreichischen Alpenraum. In Bad Gastein, Bad Hofgastein und im Pinzgau haben sich noch besonders ursprüngliche Traditionen erhalten. Beim alle vier Jahre stattfindenden Perchtenlauf im Januar sind bis zu 140 verschiedene Figuren unterwegs, die auf einer 16 Kilometer langen Strecke durch die Dörfer ziehen. Es gibt die „guten“ Schönperchten und die „bösen“ Schiachperchten wie dem Teufel, der „schiachsten“ Percht. Die zentrale Gestalt der Perchtenläufe ist Frau Percht, eine janusköpfige Figur, die von vorne Sonne und von hinten Teufel ist. Sie verkörpert den Gegensatz von Tag und Nacht, die Dualität von Leben und Sterben. Eine Eigenart der Region sind die Hanswurste, Schneider, Schleifermandl, Hexen und die Heiligen Drei Könige, die einst von katholischen Siedlern aus dem faschingsnärrischen Inntal mitgebracht wurden.
Im Raurisertal lebt noch eine Sonderform weiter, die Rauriser Schnabelperchten. Im Gegensatz zu den lauten Schiachperchten ziehen die Schnabelperchten leise durch die Gassen: Mit langen Schnäbeln, Strickjacken, geflickten Weiberkitteln, einer großen Schere, Nadel und Zwirn und einem Besen. Mit leisem „Ga Ga Ga“ ziehen sie von Haus zu Haus und prüfen, ob die Böden sauber gewischt sind und auch kein Staub mehr zu finden ist. Wehe dem, der sein Haus nicht geputzt hat – es heißt, dem schneiden die Schnabelperchten mit der langen Schere den Bauch auf und leeren den Kehricht hinein!
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Auch wenn die Gestalten bei den Perchtentreiben düster aussehen, sie führen nur Gutes im Schilde. Sie sind dazu da, das Böse auszutreiben und nach altem Brauch Glück und Segen für das Jahr zu bringen. Die Ursprünge des Geister- und Dämonenaustreibens liegen im Dunkeln. Der heidnische Brauch hat sich auch in anderen abgelegenen Bergregionen erhalten, in vielen Formen und Namen wie „Glöckelnächte“, „Innernächte“ oder „Zwölfnächte“ und „Lostage“. Die vorchristlichen Göttinnen leben als Perchten im Alpenraum aufs Schönste weiter.
Der Legende nach steht in den Rauhnächten das Geisterreich weit offen. Der Mond spielt dabei eine besondere Rolle: Nach dem germanischen Mondkalender besteht das Jahr aus 12 Monden. Diese entsprechen nicht unserer Zählweise von 12 Monaten mit 365 Tagen, sondern sind nur 354 Tage lang. Um ein Sonnenjahr voll zu machen, fehlen genau 11 Tage – oder eben 12 Rauhnächte, die als „tote Tage“ sozusagen eingeschoben werden.
Für den Volkskundler Reinhardt Stiehle sind die Rauhnächte eine Zeit der Einkehr und Neubesinnung. Sein Tipp: Gerade jetzt soll man die Redensart, man wolle „über etwas schlafen“ ernst nehmen, schreibt er in seinem Buch „Das Rätsel der Rauhnächte“. „Nehmen Sie die wichtigen Fragen mit in die Nacht, auf dass Ihnen der Morgen eine Antwort bringen möge. Wenn Ihnen Träume begegnen, notieren Sie sich diese. Sie werden oft überrascht sein, dass Erlebnisse im kommenden Jahr mit den Träumen während der Zwölfnächte in Beziehung stehen.“
Probieren Sie es aus!
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Ein Schnabelpercht rastet während einer Einkehr in einem der alten Anwesen in der Rauriser Marktstraße Diese Sonderform der Perchten gibt es nur noch im Raurisertal im Salzburger Land © Foto: Florian Bachmeier
Einen Besuch wert
Der nächste Perchtenlauf findet am 04.01.2026 in Bad Gastein statt.
www.gasteinertal.com/gasteiner-perchtenlauf
www.gasteinerperchten.com
Der Umzug der Schnabelperchten beginnt am 5. Januar 2024 ab 16 Uhr in Rauris beim Feuerwehrhaus Rauris. Am 06. Januar ziehen die Schön- und Schiachperchten wieder durchs Raurisertal und überbringen ihre Segenswünsche für das neue Jahr. Beginn des Umzuges ist um 11 Uhr bei der Feuerwehr Rauris. www.raurisertal.at/de/news/rauriser-schnabelperchten-und-perchtenumzug/
Lesenswert
Kriminelle Weihnachten
Maroni, Mord und Hallelujah von Manfred Baumann, Gmeiner Verlag, www.gmeiner-verlag.de
Die kosmischen Geheimnisse der Zeit zwischen den Jahren. „Das Rätsel der Rauhnächte“ von Reinhardt Stiehle, Chiron Verlag, www.chiron-verlag.de
Wissenswert
Gasteiner Museum
Das Gasteiner Brauchtum – Krampusse und Perchten.
Grand Hotel de L’Europe
Bad Gastein,
www.gasteinermuseum.com
Volkskunde Museum Salzburg
Sammlung historischer Perchtenmasken.
Salzburg,
www.salzburgmuseum.at