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Hund & Hütte – Wandern mit Wau-Effekt

Hund & Hütte – Wandern mit Wau-Effekt. Mit dem Hund erlebst du Sachen am Berg – da kommst du vorher gar nicht drauf

„Mit dem Hund erlebst du Sachen am Berg – da kommst du vorher gar nicht drauf.“ © Foto: Lisa Hörterer

Vor ein paar Jahren noch undenkbar, heute kein Seltenheit mehr: Mensch und Hund gehen gemeinsam in die Berge. Unterwegs mit einem Österreichischen Pinscher auf dem Stubaier Höhenweg (ALPS Magazine #31 4/2016 Review)

Gleich geschafft!“, schnauft Christof Hieger, den Körper eng an die Felswand gedrückt. Nur noch einmal nach oben greifen, hochziehen und schon hat er die steile Passage bewältigt. Oben angekommen, im sicheren Stand, löst er die Gurte um seine Schultern und setzt das schwarzbraune Bündel vorsichtig auf die Erde. Das erwacht sofort zum Leben. Schnell raus aus dem Tragegeschirr, schütteln und strecken und natürlich – ein Leckerli abstauben.

„Ohne Belohnung geht gar nichts“, sagt Hieger, während er seinem Hund Janosch noch einen kleinen braunen Brocken hinwirft. Schneller als man gucken kann, verschwindet der in der ebenfalls braunen Hundeschnauze. Zufriedenes Schmatzen. Und auch Christof Hieger ist zufrieden: „Du musst dich schon auf den Hund verlassen können. Wenn der ausflippt, während ich im Hang hänge – dann gute Nacht“. Seit vier Jahren ist der Österreichische Pinscher Janosch sein ständiger Begleiter, auch hier bei der dritten Etappe des Stubaier Höhenwegs.

Bereits zum dritten Mal dieses Jahr veranstaltet der Deutsche Alpenverein im September das Seminar „Wandern mit Hund“ auf der Neuen Regensburger Hütte am Stubaier Höhenweg, denn: Immer mehr Wanderer wollen ihren Hund auf ihre Touren mitnehmen, weiß Hüttenwirt Thomas Eder. Er ist selbst Hundebesitzer und war lange Jahre mit seinem Hund Grinch in der Bergrettung aktiv. Gerade wenn es um längere Touren wie den Höhenweg geht, sind sich Hundebesitzer aber oft unsicher. Häufig hört er die Frage: Schafft mein Hund das? Kann er diesen Weg bewältigen? Bei den Seminaren lernen die Teilnehmer deshalb, was sie ihrem Hund zutrauen können und wie sie ihn richtig auf den Berg vorbereiten. Denn am wichtigsten ist es, den Hund zu kontrollieren, meint Eder, „und zwar in jeder Situation“.

Hund & Hütte – Wandern mit Wau-Effekt. 1750 Meter Höhen-Differenz auf 11,4 Kilometer Länge – die dritte Etappe des Stubaier Höhenweges hat es in sich

1750 Meter Höhen-Differenz auf 11,4 Kilometer Länge – die dritte Etappe des Stubaier Höhenweges hat es in sich. © Foto: Lisa Hörterer

Nach der Kletterpartie geht es für Janosch auf den eigenen vier Beinen weiter. Kurz hält er inne, die Leine hat sich an einem Stein verfangen. „Halt!“, kommandiert Hieger und löst die Leine mit seinem Stock vom Stein. Auch wenn das nervig ist, leint er Janosch oft an, vor allem, wenn Schafe oder Kühe in der Nähe sind. „Am liebsten mag er Murmeltiere“, sagt Hieger, der sich für das Wandern eine spezielle Leine zugelegt hat, die er am Beckengurt des Rucksacks befestigen kann. Zwischen Beckengurt und eigentlicher Leine befindet sich ein elastisches Gurtstück, das ein abruptes Anziehen am anderen Ende abmildert. „Das ist extrem wichtig, sonst könnte mich der Hund leicht aus dem Gleichgewicht bringen.“ An sehr vielen Stellen des Stubaier Höhenwegs keine gute Idee. „Für den Fall, dass der Hund abstürzt und ich ihn nicht halten kann, gibt es eine Art Reißleine“, erklärt er.

Und das passiert öfter, als man denkt. „Wenn beim Hund der Jagdinstinkt einsetzt, dann kann der schon mal über einen Vorsprung rauschen und verunglücken“, erzählt Eder. Deshalb ist Gehorsam so wichtig. Wer nicht weiß, wie sein Hund in bestimmten Situationen reagiert, der sollte das vorher unbedingt herausfinden, zum Beispiel durch Ausflüge in den Wald oder kürzere Wanderungen. „Man muss sich überlegen: Was könnte den Hund stressen? Und ihn dann kontrolliert an so eine Situation heranführen“, sagt Eder. Er selbst war deshalb mit seinem Grinch sogar im Alpenzoo in Innsbruck.

Bildergalerie Anklicken zum Vergrößern der Bilder. © Fotos: Lisa Hörterer

„Janosch!“, ruft Christof Hieger bestimmt durch die kalte Luft, doch die Leine an seinem Beckengurt bleibt gespannt und zieht ihn weiter vorwärts. Plötzlich lockert sich die Leine, fasziniert steht Janosch vor einer Gruppe Schafe. „Jetzt wird’s spannend“, sagt Hieger, der sich wundert, wie nahe sein Hund an die Tiere herangeht. Fast Schnauze an Schnauze stehen sie da, schnüffeln aneinander und schlecken sich ab. „Der ist ja wahnsinnig“, sagt er und schüttelt den Kopf. „Mit dem Hund erlebst du Sachen am Berg – da kommst du vorher gar nicht drauf.“ Bei seiner ersten Mehrtagestour hat ihn zum Beispiel der plötzlich viel größere Appetit seines Hundes „brutal überrascht. Da war schon nach zwei Tagen das Futter aus“. Ein Hüttenwirt hat ihm ausgeholfen, der ähnlich wie Thomas Eder selbst einen Vierbeiner hat. „Ein paar Frankfurter habe ich immer übrig“, sagt Eder. Verhungern muss bei ihm keiner, weder mit zwei, noch mit vier Beinen.

Generell sind die Hütten heute besser auf Hunde eingestellt als noch vor ein paar Jahren. Trotzdem muss man die Tiere vorher anmelden und auch extra bezahlen, das schreibt der Alpenverein vor. Aber sie sind längst kein No-Go mehr. Noch vor zwei Jahren, bei einer Tour im Rofangebirge, war es für Hieger in zwei Hütten nicht möglich, Janosch in die regulären Unterkünfte mitzunehmen: In der Erfurter Hütte etwa wurde im Nebenraum der Gaststube ein Lager hergerichtet, auf einer anderen Hütte wurde im Winterraum genächtigt. Alles kein Problem für Christof Hieger und Janosch: „Wahrscheinlich schlafe ich alleine mit Hund im Winterraum besser, als mit zehn anderen Schnarchern im Bettenlager.“

Erholsamer Schlaf ist wichtig, vor allem auf der Etappe von der Neuen Regensburger zur Dresdner Hütte. Das merken auch Janosch und sein Herrchen: Auf einer Länge von 11,4 Kilometern gilt es eine Höhendifferenz von 1750 Höhenmetern zu überwinden. Entlang des Hohen Moos hinter der Hütte geht es los, dann beginnt der Aufstieg über Geröllfelder, die – sehr zur Freude von Janosch – bald zu Schneefeldern werden. Nach rund 900 Höhenmetern erreicht man auf 2858 Meter den höchsten Punkt des gesamten Höhenweges – und wird mit einem einzigartigen Blick in die Gletscherlandschaft belohnt. Danach kommt es immer wieder zu kurzen, sehr steilen Passagen.

Hund & Hütte – Wandern mit Wau-Effekt. Lebendig, verspielt, hingebungsvoll, konzentriert, freundlich und durchsetzungsstark – ein waschechter Österreichischer Pinscher wie Janosch ist selten müde

Lebendig, verspielt, hingebungsvoll, konzentriert, freundlich und durchsetzungsstark – ein waschechter Österreichischer Pinscher wie Janosch ist selten müde. © Foto: Lisa Hörterer

Für die Wanderer wurden dort Stahlseile in den zerklüfteten Felsen getrieben, dem Hund nutzen die gar nichts. Für solche Fälle hat Hieger das Tragegeschirr dabei. Es ist das Julius K9, welches auch die Polizei für ihre Hunde nutzt. „Die werden schon wissen, was funktioniert“, erklärt Hieger seine Wahl. Ein Nachteil ist indes das Gewicht des Geschirrs. Außerdem lässt es sich schlecht transportieren. Thomas Eder verwendet in seinen Seminaren deshalb kein festes Geschirr, sondern ein flexibles Tragetuch: „Das kann man so klein zusammenfalten, das passt fast in die Hosentasche.

Nach rund sieben Stunden Gehzeit, einer aufregenden Kletterpartie und dem kleinen Techtelmechtel mit der Schafsdame erreichen Hund und Wanderer die Dresdner Hütte. Einen Platz auf der sonnigen Terrasse, ein kühles Getränk und alle viere von sich strecken – das haben sich die beiden jetzt wirklich verdient.

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Andrea Obele hat für den Rother Verlag zahlreiche Touren im Chiemgau, im Berchtesgadener und Salzburger Land auf ihre Hundetauglichkeit getestet. Viele Tipps und fünf Touren zum Gratis-Download gibt‘s auf ihrem Blog. mein-wanderhund.de
 
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Tagsüber im Nationalpark Hohe Tauern wandern und abends erschöpft ins eigene Körbchen fallen – das können Vierbeiner am Moserhof im Kärntner Mölltal. landgut-moserhof.at