Die Tiroler Stube mit Holzvertäfelung und Kachelofen vermittelt wie kein zweiter Raum wohliges Winterwohngefühl. Heute ist sie vor allem in Gasthäusern zu finden
Wenn es etwas gibt, was das klassische Tiroler Lebensgefühl, zumindest während der Wintermonate, perfekt widerspiegelt, so ist es die Stube: holzvertäfelt, mit einem Kachelofen versehen, und einer umlaufenden Bank, ansonsten kaum Möbel. Ein Wohn-Zimmer im besten Sinn des Wortes, und zwar eines, das sich auf noblen Ansitzen ebenso finden lässt wie im Bauernhaus. „Die Entwicklung der Tiroler Stube beginnt in den Schlössern und Burgen“, erzählt Herlinde Menardi, lange Jahre Leiterin des Tiroler Volkskunstmuseums in Innsbruck, das 14 historische Stuben zeigt. „Von dort findet sie über Klöster und Bürgerhäuser um das 15. Jahrhundert herum ihren Weg ins Bauernhaus.“
Natürlich ging der Lauf der Jahrhunderte an der Gestalt der Stube nicht spurlos vorüber – ihr Kern aber blieb vom Wandel von Geschichte und Geschmack erstaunlich unberührt. Zwar kam, ungefähr ab dem 18. Jahrhundert, der sogenannte Herrgottswinkel hinzu, das Kruzifix, das meist in der dem Ofen diagonal gegenüberliegenden Ecke über dem Stubentisch aufgehängt wurde. Oder es wurden, im Lauf des 19. Jahrhunderts, Sofas und andere Polstermöbel in den Stuben aufgestellt. Am Grundprinzip aber – umlaufende Bank, Holzvertäfelung, Ofen – änderte sich nichts.
Das mag daran gelegen haben, dass die Stube an sich ein ideales Prinzip war, um gerade in der kalten Jahreszeit für hohen Wohnkomfort zu sorgen. In Bauernhäusern war sie sogar oft der einzige beheizbare Raum. „Der gemauerte Ofen“, berichtet Menardi, „war von jeher das Hauptmerkmal der Stube. Befeuert wurde er nach dem Hinterlader-Prinzip, also vom benachbarten Raum aus.“ So gelang es, Ruß und Rauch vom Wohnraum fernzuhalten, es dort aber trotzdem warm zu haben. „Im Bauernhaus“, so Menardi weiter, „hielten Kachelöfen erst im 18. Jahrhundert Einzug. Man kann sich eine frühe Stube als eine Art Zirbenholzkiste vorstellen, die in das gemauerte Haus hineingestellt wurde.“
Einen Sonderfall dieser Kultur stellen die Stuben in Gasthöfen dar. Zwar werden sie bereits in Reiseberichten aus dem 16. Jahrhundert erwähnt. „Allerdings“, weiß Menardi, „dürften diese wohl kaum so heimelig gewesen sein wie wir sie heute kennen. Zeitgenössische Beschwerden gingen eher in die Richtung, Stuben als übervoll, schlecht gelüftet und überheizt zu bezeichnen.“ Das hat sich, zum Glück, geändert. Heute sind historische Stuben in Gasthäusern eine gute Möglichkeit, diese uralte alpine Wohnform außerhalb eines Museums in ihrer ganzen Schönheit kennenzulernen.
Herein in die gute Stube – sechs ALPS-Tipps
Böglerhof Alpbach, Fuggerstube
Wirtsfamilie Duftner über die schönste Stube ihres Romantikhotels: „Die Fuggerstube ist eine dunkle Zirbenstube und stammt, wie Teile des Hauses, aus dem 15. Jahrhundert. Die Stube befand sich immer im Böglerhof, wurde allerdings in den Fünfzigerjahren nach einem Brand ausgebaut und restauriert. Bis auf zwei Balken, die ersetzt worden sind, ist sie nach wie vor original.“
Herrnhaus Brixlegg
Grasegg- und Steub-Stube Die Wirtsleute Christian und Sandra Meugg: „Die Steub-Stube ist eine Zirbenholzstube aus dem späten 19. Jahrhundert, die wir aus dem Gasthof Brixlegger Hof ausgebaut haben. Die Grasegg-Stube ist rund 150 Jahre alt und stammt ursprünglich aus dem Gasthaus Schloss Grasegg, das 1945 einem Bombenangriff zum Opfer fiel.“
Stuben im Wirtshaus zum Griena, Mayrhofen
Wirtsfamilie Thaler: „Unsere Stuben sind im Ursprung 460 Jahre alt und befanden sich immer hier im Haus, das früher als Wohnhaus genutzt wurde.“
Gasthof Gemse Zams, Gaststube
Wirtsfamilie Haueis: „Unser Haus wurde 726 das erste Mal urkundlich erwähnt. Die Stube ist unser traditionsreichster Raum. Sie befindet sich seit dem 16. oder 17. Jahrhundert hier. Aus dieser Zeit wird hier ein Totenkreuz aufbewahrt. Auch eine Uhr, die im Ersten Weltkrieg Ziel von Schießübungen war, gibt diesem Raum ein besonderes Flair.“
Strasserwirt, Strassen, Blaue Ofenstube
Wirtsfamilie Bachmann: „Die blaue Ofenstube ist unsere größte und jüngste Stube. Sie wurde in den Fünfzigerjahren aus einem Südtiroler Frauenkloster aufgekauft und passt sehr gut in unser traditionsreiches Haus, dessen Grundmauern aus dem 6. Jahrhundert datieren.“
Krone Umhausen, Herrenzimmer
Wirt Walter Hager: „Die Zirbenstube befand sich immer schon im Haus, das seit 1790 als Gasthaus bekannt ist. Sie wurde für politische Treffen genutzt, etwa vom Kreis um Andreas Hofer.“