Der Winter lässt uns dieses Jahr nicht so schnell aus seinen Fängen. Deshalb starten wir eine kleine Exkursion hinein in wärmere Gefilde und halten uns in Form für Kletterei in den Alpen
Kalt soll es werden. Die Prognose für die nächsten Tage ist weiterhin ungemütlich und nicht besonders einladend. Wo ist der Frühling, den wir uns so sehr herbeisehnen? Schließlich war der Winter lang genug und es wäre schön, endlich die Sonne auf der Haut zu spüren. Wenn der Sommer nicht zu uns kommt, müssen wir eben zu ihm! Also auf ins Frankenjura.
Mich juckt es mal wieder in den Fingern. Die Armkraft, welche ich mir auf den letzten Klettergartenbesuchen mit viel Fleiß antrainiert habe, möchte ich auf keinen Fall verlieren! Doch was tun in Zeiten von Hallenschließungen und schlechtem Wetter in den Bergen? Die Lösung, schlägt mein Papa vor, ist ganz klar das untere Altmühltal (Naturschutzgebiet). Genauer gesagt: Prunn!
Schlagartig wird mir etwas flau im Magen, schließlich kann ich mich an das aus Erzählungen berühmt berüchtigte Klettergebiet im idyllischen Altmühltal erinnern. Schwer soll es sein, ungewöhnlich glatt, oft geneigt und reibungsarm. Ob das eine gute Idee ist, so eine spezielle Kletterei am Anfang der Saison? Man braucht wohl eine hohe Frustrationstoleranz, um dort zu bestehen. Das habe ich mir zumindest sagen lassen. Die Alternative wäre nicht zu klettern und auf der Couch zu sitzen … Dann lieber öfters Hängen, als gar nicht zu Klettern! Am nächsten Tag geht es schon früh los.
Die Temperaturen im südlichen Frankejura sind vielversprechend: sonnig, trocken und warm. Hier kann das Klima sogar im Winter erträglich sein, während es im Sommer oft zu heiß zum Klettern ist. Bei diesen traumhaften Bedingungen wollen wir den Fels natürlich ungern teilen. Als wir ankommen ist zum Glück nichts los. Es werden zu allererst die Felsen inspiziert. Dank unseres Kletterführers „Südlicher Frankenjura“ wissen wir, wo es leichtere Touren zum Aufwärmen gibt. Doch „leicht“, das sagen anscheinend nur die Locals, die jeden Griff und Tritt auswendig kennen und oft genug zum Trainieren hier sind. Mit genug Muskelmasse versteht sich. Wir sind auf jeden Fall entsetzt über die weiten Hakenabstände. Prophylaktisch haben wir ein paar Helfer mitgenommen: Sogenannte Friends und Klemmkeile sollen uns über ungesicherte Passagen hinweghelfen. Doch die mentale Komponente hat auch noch ein Wörtchen mitzureden! Schließlich ist das Setzen von solchen mobilen Sicherungen kein Kinderspiel und deshalb nur Kletterern mit alpiner Erfahrung zu empfehlen. Ist ein Helfer nicht richtig „gesetzt“, kann es bei einem Sturz zu einer Katastrophe kommen, an die man lieber nicht denken mag. Also, wie immer gilt: Safety 1st, bevor noch etwas passiert …
Wir blättern weiter und werden im Sektor „Mühltor“ fündig. Mit einer (5+) kann man nicht viel falsch machen, oder? Die Hakenabstände im „Westriss“ sind auch hier eine mentale Herausforderung und ich klettere noch nicht so flowig, wie ich das gerne möchte. Dazu kommt die harte Bewertung der Routen, welche in diesem Klettergarten jedoch bekannt ist. So kann zumindest bei den leichteren Klettereien ein Schwierigkeitsgrad dazugerechnet werden.
Wir Mädels Finja, Theresa und ich sind auf jeden Fall froh, erst mal nur im Nachstieg zu klettern! Prunn ist nichts für „Weicheier“. Sogar Theresa, die mit Abstand die Beste von uns ist und bereits auf so manchem Kletterwettkampf ihr Können unter Beweis gestellt hat, muss erstmal schlucken. Wenn sie schon Probleme hat, will das was heißen …
Das Schöne am heutigen Tag: Es ist so warm, dass wir im T-Shirt klettern können! Denn ein großer Pluspunkt an diesem Klettergebiet ist seine südseitige Lage. Der schwere Sektor „Prunner Wand“ und „Prunner Turm“ mit 63 Routen liegt komplett in der Sonne. An heißen Sommertagen hält man es dort kaum aus. Daher ist es angenehm, dass der Rest der Felswände im schattenspendenden Wald steht. Heute sind wir aber froh, dass die Blätter noch nicht ausgetrieben haben und die Sonne durch das Ästedach scheint.
Weiter geht es mit einer (6-), der „Heißen Sohle“. Eine Plattenkletterei erster Güte. Wobei wir finden, dass auch hier viel zu hart bewertet wurde. Papas Spezl traut sich ewig nicht über den dritten Haken, weil die Abstände gruselig groß sind. So richtig kommen wir heute nicht in Fahrt. Leider habe ich mir das genau so vorgestellt. Nicht umsonst eilt dem Prunner Klettergebiet sein Ruf voraus!
Irgendwann teilen wir uns in zwei Gruppen auf. Theresa und ihr Vater versuchen sich an einer ziemlich glatten, überhängenden Route, die uns zu schwer ist. Auf der Süd- und Ostseite des Sektors „Mühltor“ finden wir dann allerdings ein paar Klettereien, die wirklich Spaß machen. „Wenns sein muss“ eine gut Gesicherte (6-). Den „Buchenriss“ (5) kommen wir diesmal fast ohne Angstschweiß hoch. Wobei gut abgesichert immer noch schlechter ist als in anderen bekannten Klettergärten! Trotzdem ist das Mühltor ein riesiges Felsenfenster und seine Klettereien auf jeden Fall einen Besuch wert.
Am Ende des Tages habe ich in der kniffligen „Südwest Kante“ (5+) sogar ein Grinsen im Gesicht! Obwohl ich schon ausgepowert und meine Arme müde sind, lässt sich diese schöne Kantenkletterei ohne Angst und Zickereien klettern. In diesem speziellen Klettergebiet ist Nervenstärke, solides Klettern und Know-how im mobilen Absichern gefragt. Eine Fußtechnikschule sind die Prunner Felsen ebenfalls.
Für Hallenkletterer ist es verdammt schwer, den gewohnten Grad 1:1 umzusetzen. Hier heißt es: Übung macht den Meister! Die leichteren Touren sind kaum, teilweise gar nicht abgesichert und daher sehr alpin. Unbedingt an Klemmkeile denken! Wer jedoch gut im Training ist, sollte sich unbedingt an den Top-Klassikern versuchen: Oberbayerische Analyse (8+), Totenvogel (7), Narrenriss (7), Münchner Dach (9), Gillkante (9-) sowie Pumping Iron (9-).
Aber keine Sorge, auch für Einsteiger ist etwas dabei und das familienfreundliche Gelände lädt darüber hinaus zum Picknicken und Zuschauen ein! Mein Fazit: Am Ende des Tages waren einige der Klettereien ein Traum, welche sich nicht wie anfangs gedacht, als Albtraum entpuppten!
Ausrichtung // Süd Klettern Ganztags 18-35 Meter Wandhöhe
Art // Klettergarten.
Schwierigkeit // Mittel bis schwer, 3-5 Grad sehr hart bewertet!
Orientierung // Am Parkplatz Prunn hat man die Felsen quasi direkt vor der Nase. Das Klettergebiet beginnt am bekannten Prunner Turm. Ein kleiner Pfad schlängelt sich an den Kletterfelsen entlang der Sektoren bis zum hintersten Sektor Friedrichsruh. Wer nicht genug hat, der fährt oder geht vom Ort Prunn weiter zum Klettergebiet Nußhausen. Dort erschließen sich zahlreiche weitere Felsen mit lohnenswerten Klettereien vom 6ten bis 11ten Schwierigkeitsgrad.
Kletterrouten unterteilt in Sektoren //
Prunner Turm und Wand, Mühltor, Felskirchl, Triangelturm, Steinerne Stadt, Friedrichsruh.
Beste Jahreszeit // Frühjahr, Frühsommer, Herbst oder an sonnigen Wintertagen. In den Sommermonaten sehr heiß, da südseitige Lage!
Einkehrmöglichkeit // In Prunn und Umgebung gibt es zahlreiche Gasthöfe.
Anreise //
Mit dem Auto: Mit dem PKW kommt man entweder von Osten über Kelheim (dorthin am besten über die A93 mit der Ausfahrt Schambach/Abensberg aus Richtung München oder über die B16 von Regensburg), oder von Westen von der A9, Ausfahrt Denkendorf und Riedenburg.
Mit Bus & Bahn: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist sehr ungünstig und mit dem Zug nur bis Saal an der Donau möglich. Von dort fahren dann Busse ins Altmühltal, allerdings ist es auch mit dem Rad nicht allzu weit und mit 12 bis 15 flachen Kilometern noch zumutbar.
Parkplatz // Parkplatz Prunn. 200 Meter westlich davon führt gegenüber dem Autohändler ein Weg an einem einzelnen Haus vorbei hoch zum Prunner Turm (3 Min.).
Kosten // –
Ausrüstung // Kletterausrüstung, mobile Klemmgeräte, 70 Meter Seil!
TIPP // Wer gleich mehrere Tage zum Klettern hierher kommen möchte, sollte sich den Campingplatz Kastlhof anschauen, der zwischen Essing und Prunn liegt. Von dort sind alle Felsen im Umkreis von fünf Kilometern zu finden. Wer sein Rad dabei hat, benötigt vor Ort keinen PKW mehr! Wichtig: Das gesamte untere Altmühltal ist ein Naturschutzgebiet, weshalb das wilde Campen generell verboten ist. Wer es komfortabler haben möchte: Viele Gasthöfe und Pensionen bieten relativ preisgünstige Übernachtungsmöglichkeiten an. Neben dem Kastlhof gibt es sowohl in Prunn, als auch in Essing und Altessing strategisch günstig gelegene Quartiere, von denen man zu Fuß an die Felsen marschieren kann.