Im Mangfallgebirge gibt es einige bekannte Berge und lohnende Gipfelziele. Doch der Leonhardstein hebt sich trotz der geringen Höhe von 1449 Metern durch seine markante Form stark von seinen Nachbarn ab. Eine Spritztour, bei der es nicht langweilig wird!
Die Trailrunningschuhe sind geschnürt, der kleine Laufrucksack ist gepackt und das Ziel für heute haben wir direkt vor Augen. Unser Gipfel erhebt sich als felsige Spitze, eingerahmt von dichtem Mischwald und saftig grünen Almwiesen oberhalb von Kreuth. Richtig idyllisch ist es hier im oberbayerischen Landkreis Miesbach. Ich freue mich auf einen kurzen, aber technischen Berglauf, der im oberen Teil interessant wird! Im Wurzeldurchsetzen Steilwald werden wir ins Schnaufen kommen …
Da ist es angenehm zu wissen, dass die hiesige Luft eine Spitzenqualität hat! Im Jahr 2015 wurde der Gemeinde Kreuth das Prädikat „Heilklimatischer Kurort“ verliehen. Darin ist begründet, dass die „Kreuther Luft“ ihre Wirkung dem Wald- und Wasserreichtum des Tales verdankt und daher heilsam und wohltuend ist. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf lässt es sich gleich besser atmen!
Ich parke in Kreuth gegenüber der Volksschule. Wir wärmen uns auf und folgen der Straße „Am Kirchberg“, bis sie in einen Feldweg übergeht. Auf diesem angenehm flachen Weg laufen wir weiter über das Almgelände der Duslau Alm, bis wir den Waldrand erreichen. Der Anfang der Strecke eignet sich gut, um sich einzulaufen! Auf der Wiese entdecken wir drei liegende Pferde, die sich noch im Halbschlaf befinden.
Im Wald wird das Gelände nun steiler und unwegsamer. Wir holen die Stöcke aus dem Rucksack. Durch das kräftige Anschieben gehts gleich ein bisschen schneller. Der steinige Karrenweg führt durch einen wunderschönen Laubwald. Das durchfallende Licht erzeugt ein interessantes Lichtspiel, perfekt zum Fotografieren. Immer wieder müssen wir großen Pfützen ausweichen. Durch seine schattige Lage ist der Weg nach regenreichen Tagen lange matschig und sumpfig. Unsere Schuhe haben ein super Profil, trotzdem kann das Runterlaufen schnell zu einer Rutschpartie werden.
Bald wird der Weg kompakter, trockener und damit spaßiger zum Laufen. Ich versuche für mich ein angenehmes Tempo zu finden, dass ich bis zum Gipfel gut halten kann. Für mich persönlich ist es immer wichtig, die ersten 1-2 Kilometer langsam zu starten und nicht zu „Überpacen“. Mein Motto: Wer sich anfangs bewusst zurückhält, trifft später das richtige Tempo! Der „Motor“ muss schließlich erst warm werden.
Irgendwann erreichen wir eine kleine Lichtung. Es ist so schön ruhig – davon kann man in der Stadt nur träumen. Die Sonne kommt endlich zum Vorschein. Durch die einfallenden Lichtstrahlen und dem Tau auf der Wiese bekommt die Stimmung auf der Lichtung etwas Magisches. Wir halten kurz an. Ich höre vereinzelt Vogelgesang aus den Baumkronen, das Rauschen des Windes in den Blättern – sonst nichts.
Das sind diese besonderen Momente am Berg, für die ich hier bin. Laufen heißt für mich nicht blind, ohne nach links oder rechts zu blicken, durch die Landschaft zu heizen. Ich möchte alles in mich aufsaugen, die Umgebung bewusst erleben und sie nicht konsumieren oder nur als Kulisse wahrnehmen. Diese Momente in der Natur sind etwas ganz Besonderes …
Im kühlen Schatten des Waldes geht es nun flacher in angenehmer Steigung über einen gut angelegten Weg bis zu einer Einsattelung. Auf diesem lichten Abschnitt wird der Blick freier und unser Ziel erscheint als felsiger Zacken hoch oben über den Baumwipfeln. Kurz vor der Abzweigung kommen wir an einer modrigen Wand vorbei. Hier riecht es nach feuchtem Moos, Holz und nasser Erde.
Nun zweigt der Pfad nach links in den Wald ab. Wir beginnen unseren letzten Anstieg hinauf zum Leonhardstein. Ab hier weicht der normale Weg einem steilen, wurzeligen und felsdurchsetzen Steig. Durch die Steilheit ist es kaum möglich, laufend vorwärtszukommen und auch nicht mehr effizient. Deshalb sparen wir uns lieber die Kraft und „speedhiken“ die letzten Höhenmeter hinauf zum Gipfel. An der ein oder anderen Stelle müssen auch mal die Hände zur Hilfe genommen werden, weshalb wir die Stöcke im Rucksack verstauen.
Die Tour ist aufgrund ihrer Kürze auch bei Familien beliebt, jedoch für Kleinkinder ungeeignet. Im oberen Bereich gibt es ein paar glatte Kraxelstellen, die Trittsicherheit voraussetzen. Wer nur breite Forstwege gewohnt ist, hat hier seinen ersten Felskontakt. Etwas Vorsicht ist auch am ausgesetzten Gipfelbereich geboten. Die Südwand des Leonhardstein bricht hier steil ab und verzeiht keinen Stolperer.
Einige Mehrseillängenrouten führen über anspruchsvolle Kletterei ca. 230 Meter durch die Wand, direkt hinauf zum Gipfel. Oft genug stehen aus heiterem Himmel Kletterer vor einem, die aus einer der zahlreichen Routen aus der letzten Seillänge aussteigen.
Ruhig ist es hier oben nur unter der Woche. Wer ausschließlich am Wochenende Zeit hat, die Einsamkeit schätzt und den markanten Gipfel für sich alleine haben möchte, sollte auf jeden Fall eine Sonnenauf- oder Untergangstour ausprobieren! Gleich sind wir oben und können den Gipfel quasi schon riechen! Zu guter Letzt muss noch eine glatt polierte, steinerne Rinne überwunden werden. In den Wintermonaten kann sie, mit Schnee und Eis kombiniert, sehr unangenehm werden.
Oben angekommen ist die Aussicht grandios. Der Blick auf die umliegenden Berge und das Mangfallgebirge könnte nicht besser sein. In der Ferne erhebt sich das stolze Zugspitz-Massiv mit seinen schroffen Felswänden. Gegenüber beeindruckt der Roß- und Buchstein (1701 m) mit seiner ebenfalls imposanten Gestalt.
Die spitze Roßsteinnadel ist bei Felskletterern sehr beliebt. Ein Fun-Fakt dazu: Die Kletterroute „Via Weißbier“ hat ihren Namen nicht von ungefähr. Wer an einem heißen Sommertag verschwitzt und durstig aus der letzten der zwei Seillängen im siebten Grat aussteigt, kommt direkt am „Adlernest“ der Tegernseer Hütte raus. Dort angekommen, ist die ersehnte Erfrischung nicht mehr weit. Diese Route wurde deshalb zurecht als der „Hütten-Klassiker“ deklariert! Wer also genug Muskelschmalz mitbringt, kann sich auf eine erstklassige Kletterei am festen, gut abgesicherten Fels freuen.
Entspannt genieße ich das Panorama auf der kleinen Felsnase – eine tolle Aussichtsterrasse. Für ein paar Minuten haben wir den Gipfel ganz für uns alleine. Von hier, so hat es den Anschein, ist das Örtchen Kreuth nur einen Steinwurf entfernt. Mit einem Wurf hat auch die Sage zur Entstehung des Leonhardsteines zu tun. Ein Einheimischer erzählte mir bei meinem letzten Gipfelbesuch Folgendes:
Der Sage nach ist kein geringerer als der Teufel persönlich für die markante Form des Leonhardsteins verantwortlich. Er war es, der ein riesiges Stück Fels herausbrach, um ihn in den nahen Tegernsee zu werfen. Zu schön und vollkommen erschien ihm das Tegernseer Tal umrandet von seinen zahllosen Gipfeln und seiner friedlichen Idylle. Gottes Meisterstück sozusagen. Aber selbst der Teufel übernimmt sich mal und auf Höhe der Ringspitze wurde der Brocken dann so schwer, dass er ihn fallen ließ. Und noch heute ragt somit ein Stück des Leonhardsteins aus dem Tegernsee, nämlich seine einzige Insel, die Ringseeinsel. Die spannende Erzählung im Kopf machen wir uns an den Abstieg. Durch die Nässe ist der obere Bereich sehr rutschig. Vorsichtig, ohne einen Sturz zu riskieren, laufen wir zuerst etwas langsamer, bevor wir ab dem Sattel Gas geben. Schnell erreichen wir die idyllische Lichtung und nach insgesamt 1:30 h sind wir wieder zurück am Ausgangspunkt.
An heißen Tagen bleibt nach der kurzen Spritztour genügend Zeit, um in den nahe gelegenen Tegernsee zu hüpfen, doch heute ist es uns eindeutig zu kalt! Vielleicht das nächste Mal, wenn es die Temperaturen zulassen.
Ausrichtung // Nord Berglauf/Wanderung 1,5 – 3 Stunden 700 hm
Art // Berglauf/Wanderung.
Schwierigkeit // Mittel.
Orientierung // Vom Parkplatz der Straße folgend, den Leonhardstein im Blick zu einer großen Almwiese. Danach in den Wald über einen Karrenweg und später dem Pfad folgend über eine schöne Lichtung zu einer Einsattelung. Dort links abzweigen Richtung Leonhardstein. Dem schmalen Steig folgend durch Steilwald, über Wurzeln und kurze Kraxelstellen. Am Ende durch eine glatte Felsenrinne hinauf zum aussichtsreichen Gipfel. Aufstieg wie Abstieg.
Beste Jahreszeit // Mai bis zum ersten Schneefall.
Einkehrmöglichkeit // im Ort Kreuth oder am Tegernsee.
Anreise //
Mit dem Auto: A8 München-Salzburg bis Holzkirchen, auf der B318 zum Tegernsee und weiter Richtung Achenpaß auf der B307 bis Kreuth. Beim Gasthaus zur Post rechts abbiegen zum großen Wanderparkplatz.
Parkplatz // Parkplatz bei der Kirche St. Leonhard (783m) in Kreuth.
Kosten // 5 Euro.
Ausrüstung // Berglaufausrüstung: kleiner Rucksack, Regenjacke, Stöcke.
TIPP // Wie in der Tour beschrieben, lohnt sich der Leohnhardstein auch für Kletterer, die Lust auf anspruchsvolle Mehrseillängen haben! Dazu fährt man mit dem Auto an Kreuth vorbei zum Parkplatz Schwarztennalm (ca. 4 km nach Kreuth). Am besten als Bike and Climb! An der Südwand angekommen, gibt es verschieden Routen, die aufgrund der Hakenabstände zum Teil mobil abgesichert werden müssen.
An warmen Tagen ist ein Sprung in den nahe gelegenen Tegernsee sehr wohltuend