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Alps Coffee – Kleine Bohne mit großer Wirkung

Alps Coffee Schreyögg

© Fotos: ALPS COFFEE

Seit 1890 steht die Familie Schreyögg für Kaffee. In einem kleinen Laden am Meraner Kornplatz fing alles an, heute wird bei Alps Coffee mit Hingabe und Hightech das Beste aus einem besonderen Rohstoff geholt: ein Besuch in Südtirols ältester Großrösterei

Dutzende Espressotassen stehen aufgereiht am Tisch. Es ist 7.30 Uhr am Morgen und im Proberaum steht einer der wichtigsten Momente im Produktionsablauf von Alps Coffee an: die Verkostung der verschiedenen Kaffees. Mindestens vier Leute sind bei dieser Qualitätskontrolle dabei. Während sie das „braune Gold“ analysieren, blicken sie auf die verschiedenen Kaffeemischungen des Unternehmens, die in einem langen Regal an der Wand aufgereiht stehen. Für diesen Job braucht es Erfahrung und nicht zuletzt Verzicht. Scharfes Essen oder Zwiebeln und Knoblauch sind für das Verkostungsteam tabu. Es könnte den Geschmackssinn beeinträchtigen. In der ganzen Firma herrscht ein Parfümverbot. „Es soll nach Kaffee riechen”, sagt Peter Schreyögg, „und nicht nach Drogeriemarkt.”

Kaffee ist das Leben von Peter Schreyögg. Das war in seiner Familie schon immer so. Als sein Großvater Josef Schreyögg 1890 am Meraner Kornplatz einen Delikatessenladen eröffnete, ging Kaffee als eine der Kolonialwaren über den Ladentisch. Die Faszination zur Bohne war so groß, dass er 1905 selbst mit dem Rösten anfing und sein Wissen an die Söhne weitergab. Neben dem eigenen Kaffee verkaufte man bis in die 70er-Jahre Lebensmittel. Nach dem frühen Tod seines Vaters übernahm Peter Schreyögg mit nur 21 Jahren in den 80ern den Betrieb und entschied, nur noch auf Kaffee zu setzen. „Schreyögg Kaffee“ hieß er damals noch, später wird er zum „S-Caffe“. Aber weil das nicht zur starken Wortmarke taugt, entschied man sich vor vier Jahren zum nächsten Schritt: Aus S-Caffe wird Alps Coffee.

 

„Alps“, das passt zu diesem Kaffee, der in einer großen Manufaktur mitten in den Alpen entsteht. Seit 2001 produziert die Familie Schreyögg in Rabland am Eingang zum Vinschgau. Dort, wo die besten Marillen wachsen, im nahen Laas der Marmor für Monumente auf der ganzen Welt herkommt und ein Dialekt gesprochen wird, der mit Recht hart genannt werden darf. Das Firmengebäude liegt am Ende einer langen Wohnstraße. Manche Mitarbeiter kommen frühmorgens mit dem Rad in die Arbeit gefahren.

Das Produkt, das hier veredelt wird, hat indes einen längeren Anreiseweg. Die Rohbohnen, wie der Ausgangsrohstoff genannt wird, wachsen quer über den Erdball verteilt. Honduras, Kolumbien, Peru, Uganda, Kenia, Äthiopien, Indonesien: 24 Sorten aus 17 Ländern bezieht Alps Coffee im Moment. Der Arabica-Anteil im Rohkaffeelager beträgt 80 Prozent. Gerade ist ein Lkw aus Hamburg aufs Firmengelände gefahren.

„Willkommen im Rohkaffeelager”, sagt Produktmanager und Schulungsleiter Patrick Linser und strahlt. Hinter ihm türmen sich große Säcke mit Kaffeebohnen, die nach Sorten geordnet gelagert werden. Wie alle Bohnen, die hier ankommen, hat auch die Ladung aus Hamburg bereits zwei Qualitätskontrollen durchlaufen. Bevor die Kaffeebohnen aus den Anbaugebieten Richtung Europa verschifft werden, gelangt die erste Chargenprobe mit der Luftpost ins kleine Vinschger Dörfchen. „Das Muster des Rohkaffees wird bei uns geröstet und verkostet”, sagt Peter Schreyögg. Nur die Bohnen, die den ersten Test überstehen, werden auf die Reise geschickt. Noch im Ankunftshafen wird wieder eine Probe entnommen und nach Südtirol gebracht. Erst wenn diese für gut befunden wird, ist der Weg frei für den Transport der Bohnen.

Bis zu 40 Kaffees trinkt Peter Schreyögg am Tag. Oder mit anderen Worten: Er testet sie wie ein Sommelier den Wein. Die Frage, warum er den Kaffee nicht direkt im Anbauland verkostet, hört er oft. Natürlich war er schon in vielen Produktionsländern. Er kennt die Bedingungen, unter denen die kleinen Bauern arbeiten. In Mexiko wollte er einmal selbst eine Kaffeeplantage begehen. „Das war so steil dort, da hätte ich Steigeisen gebraucht.” Dass er den Kaffee nicht vor Ort verkostet, hat logistische Gründe. „Bis die Kirschen nach der Ernte getrocknet sind, vergehen Monate. Das würde sich zeitlich nicht ausgehen.”

 

Zwei Kaffeesorten machen den Bärenanteil der weltweiten Produktion aus: Arabica und Robusta. Sie unterscheiden sich in der Größe, im Geschmack und auch im Image, das sie mit der Zeit erhalten haben. Arabica erfreut sich großer Beliebtheit weltweit, im Volksmund gilt sie als die bessere. Der Marketinglinie mancher Hersteller, nur noch auf Arabica zu setzen, kann Peter Schreyögg nichts abgewinnen. „Eine gute Espressomischung braucht auch einen kleinen Anteil Robusta.”

Lungo, doppio, corretto, ristretto, macchiato – wenn Italiener ihren Kaffee bestellen, dann gibt es nicht nur unglaublich viele Varianten, sondern auch ein echtes Nord-Süd-Gefälle. „Süditaliener bevorzugen voluminöse, kräftige Kaffees, die mit einer dicken Crema bedeckt sind, auf der der Zucker liegen bleibt. Das funktioniert nur mit einem Anteil von 50 Prozent Robusta.” Je weiter im Norden, desto mehr Arabica landet in der Tasse. Alps Coffee vertreibt 30 Prozent der Produktion direkt in Südtirol, der Rest geht hauptsächlich ins deutschsprachige Ausland. Es ist eben eine Frage des Geschmacks und auch der Zubereitung. „Kaffee ist nicht gleich Kaffee“, betont Peter Schreyögg. Für die Filtermaschine empfiehlt er zum Beispiel eine andere Mischung als für die klassische Mokka.

Neben der Güte der Bohnen setzt man bei Alps Coffee auf ein besonders schonendes Verfahren: die Langzeitröstung. Im Unterschied zur sogenannten High-Yield-Röstung, wo die Bohne innerhalb kürzester Zeit im Wärmetunnel einen schönen Sonnenbrand entwickelt und innen noch roh bleibt, wird bei der langen Variante die Bohne mindestens 14 Minuten und bei niedrigerer Temperatur gleichmäßig durchgeröstet. „Wir produzieren sogenannte Blends, also Kaffeemischungen, aus bis zu elf Sorten”, erklärt Patrick Linser. Da stellt sich unweigerlich die Frage, wie die alle gleichzeitig auf den Punkt geröstet werden können? „Eine Arabica-Bohne aus Brasilien ist anders strukturiert als jene aus Nicaragua. Das wäre, als würde man Spaghetti Nr. 5 mit Spaghetti Nr. 3 kochen und sich wundern, dass sie nicht gleichmäßig gegart sind.” Deshalb wird mit viel Aufwand jede Sorte einzeln geröstet. „Sortenrein langzeitrösten, das tun nur sehr wenige, und es macht uns wirklich speziell”, sagt Linser und öffnet die Tür zur Röstanlage.

Sie ist das Herzstück der Produktion. Nur elf Stück dieser hochmodernen Anlagen gibt es weltweit. In Rabland steht die einzige in ganz Italien. Während zwei Röstmeister gerade dabei sind, Muster für die täglichen Kaffeeverkostungen vorzubereiten, erklärt Linser die Maschine im Schnelldurchlauf. Röstkurve, Becken, Kühlsieb, Frischluft, Entsteinungsphase, Hochleistungsmagnet – es ist komplex. Einen Raum weiter steht die Anlage, die den Kaffee schließlich zusammenmischt. Aus jedem Silo ruft das Computersystem einen entsprechenden Anteil einer Sorte für die jeweilige Mischung ab. Dann wird nochmals ein Muster gezogen und verkostet. Weil der Kunde immer das gleiche Geschmackserlebnis haben soll, wird der Kaffee mit der letzten Charge verglichen. „Schmeckt er anders, können wir ihn verfeinern. Das ist ein bisschen wie bei der Suppe, da kann man auch nachsalzen”, sagt Peter Schreyögg.

In den vielen Jahrzehnten hat er unzählige Sorten verkostet und sich auch von manchen verabschieden müssen. Kuba und Haiti zum Beispiel, die heute nicht mehr in ausreichender Menge am Markt verfügbar sind. Auch der Klimawandel wirkt sich auf die Kaffeebohne aus. Der Anbau wird in höhere Gebiete wandern und Robusta dort wachsen, wo früher Arabica angebaut wurde. Schreyöggs Sohn Stefan hat im Unternehmen mittlerweile in vierter Generation das Zepter übernommen. Die Zukunft gehört Kaffee in Bio-Qualität und aus Fairtrade-Handel, mehr Nachhaltigkeit ist gefragt, auch bei den Verpackungen.

Über die Frage, ob er sich einen Tag ohne Kaffee vorstellen kann, muss Peter Schreyögg herzhaft lachen. Undenkbar, sagt er.

Gut zu Wissen

Eine Auswahl der Kaffeemischungen gibt es im Coffeeshop in München oder unter www.alps-coffee.it

Alps Coffee Schreyögg