Hoch oben über der Alpenstadt Garmisch-Partenkirchen auf 1.983 Metern lässt sich das erstklassige Panorama rund um das Zugspitzmassiv am Gipfelkreuz des Kramers bzw. der Kramerspitz besonders gut erleben. Allerdings muss sich die wunderbare Aussicht mit einem langen Aufstieg erst verdient werden. Auf schmalen, teils steilen Pfaden geht es zuerst durch einen schattenspendenden Bergwald und später auch im ruppigen Gelände etwas zur Sache. Mit genug Zeit, Geduld sowie einer Brotzeit im Rucksack wird die lange, abwechslungsreiche Rundtour jedoch zu einem wunderbaren, tagesfüllenden Erlebnis, das in keinem Gipfelbuch fehlen sollte!
Die Sonne scheint vom fast makellos blauen Himmel, die Berge rund um Garmisch-Partenkirchen zeigen sich gestochen scharf von ihrer besten Seite. Zudem sollen heute obere zweistellige Werte für sommerliche Temperaturen sorgen. Kurzum: Es ist der perfekte Tag für eine längere Unternehmung am Berg! Bevor ich starte, hole ich meine zwei Begleiter für die heutige Tour ab: Finja, eine Freundin aus München und ihr langhaariger Vierbeiner Heidi. Auf dem Plan steht die lange Rundtour über die Kramerspitz (1.985 m). Vom Parkplatz Berggasthof Almhütte laufen wir über den idyllisch angelegten Kramerplateauweg, bis wir eine kleine Almwiese mit Kapelle erreichen. Ab hier ist der Aufstieg zur Kramerspitz ausgeschildert.
Zunächst gehts über einen breiten Fahrweg in einige Kehren zur urigen St. Martin Hütte, die von Wanderern und Familien der schönen Aussicht wegen gerne zum Einkehren angesteuert wird. Diese wird nach ca. 30 Minuten und 260 Höhenmetern erreicht. Die Straße lassen wir nun hinter uns. Ab hier verläuft der Anstieg bis zum Gipfel ausschließlich über abwechslungsreiche Pfade und Steige. Der nächste Abschnitt gehört zur Tour auf den beliebten Königsstand, der eine wunderbare Aussicht auf Garmisch und die umliegenden Gipfel bietet. Die Aussichtskanzel wird nach ca. 750 Höhenmetern bequem über einen wenig anstrengenden Steig erreicht. Allerdings biegen wir links vor der langen Querung zum Königsstand auf unseren Weg Richtung Kramer ab.
Wer genug Zeit einplant, könnte den beliebten Aussichtsspot natürlich mitnehmen. Wir entscheiden uns für den direkten Aufstieg, da es heute sehr heiß werden soll und wir schon jetzt, inklusive Heidi ziemlich ins Schwitzen oder vielmehr Hecheln kommen. Gut, dass der Aufstieg vorerst noch durch den kühlen Bergwald führt, bevor es alsbald im Latschengürtel durch den Hitzestau sowie die südseitige Exposition anstrengend wird! Doch auch das letzte Stück durch den Wald lässt den Puls höherschlagen. Der Wanderweg geht im weiteren Verlauf in eine Art Steig über, welcher durch verblocktes, felsdurchsetztes Gelände und über steile Stufen führt, die nicht immer einfach zu gehen sind. Der ein oder andere Einsatz von Händen macht das Vorankommen definitiv leichter! Sogar Drahtseile sorgen kurzzeitig für den nötigen Halt.
Wanderer werden hier vermutlich an ihre Grenzen kommen. Für routinierte Bergsteiger stellt die Tour auf den Kramer allerdings kein Problem dar. Trittsicherheit ist natürlich Pflicht, aber die sollte insgesamt vorhanden sein, möchte man unfallfrei auf Gipfel steigen. Und wie siehts mit den Vierbeinern aus? Mit Hunden am Berg habe ich kaum Erfahrung, umso erstaunter bin ich über die Geschicklichkeit von Heidi, die trotz ihrer geringen Größe alle Kraxeleien ohne Schwierigkeiten und flink wie eine Berggams meistert. Hunde, welche an das alpinere Gelände gewöhnt sind, werden den Aufstieg wahrscheinlich ohne Probleme bewältigen. Doch die Hitze macht auch der kleinen Heidi zu schaffen. Immer wieder müssen wir kurze Pausen einlegen, damit sie abkühlen kann. Auf einmal stürmt die Hündin an uns vorbei; sie hat das Schneefeld wohl schon von Weitem gerochen! Übermütig badet sie im kalten Nass der Altschneefelder und lässt sich nur schwer zum Weiterlaufen bewegen.
Auch wir freuen uns über die Erfrischung, denn die Sonne hat ihren Zenit des heutigen Tages erreicht. Erbarmungslos knallt sie auf unseren erhitzen und roten Köpfe. Weiter gehts! Ein kurzes Stück des Weges ist noch trocken, doch dann beginnt die Stapferei im sulzigen Schnee. Doch darauf waren wir vorbereitet, denn der Kramer ist bekannt für seine Altschneefelder im Frühsommer. Vor allem nordseitig werden wir es bald mit einem nicht ganz ungefährlichen Abschnitt zu tun bekommen. Die weichen Sohlen unserer Trailrunningschuhe sind nur bedingt für das Laufen im Schnee geeignet. Daheim liegen unsere Spikes, auch unter dem Namen „Grödel“ bekannt. Heute wären sie ein wichtiger Bestandteil des Rucksackinhaltes gewesen, doch nun müssen wir es ohne versuchen. Vor uns wartet jetzt die nordseitige Steilrinne, die natürlich komplett mit Schnee gefüllt ist. Die Querung beträgt ca. 200 Meter, ist steil, ausgesetzt und nicht zu unterschätzen!
Bevor wir das Schneefeld betreten, wollen wir uns ein genaueres Bild von der Lage machen. Nur wenn wir beide übereinkommen, dass das Risiko vertretbar ist, werden wir es probieren. Keiner soll unter Zugzwang oder Druck stehen, dafür ist die Unternehmung ohne Grödel zu gefährlich. Heidi ist mangels Gefahrenbeurteilung ungeduldig und kann es kaum erwarten. Sie versteht unser Zögern nicht und zerrt an der Leine nach dem Motto: Was ist los mit euch, ich möchte weiter! Finja und ich kommen zu dem Entschluss, dass die Querung für uns beide vertretbar ist. Alpine Erfahrung, Tritt- sowie Schwindelfreiheit sind hier unerlässlich, denn ein Ausrutscher hätte zu jedem Zeitpunkt der Begehung fatale Folgen. Das Schneefeld ist sehr lang, steil und mündet in ein steiniges Kar. Normalerweise sollte man die Begehung nur mit richtigem Schuhwerk, Grödel und Stöcken vornehmen! Bitte informiert euch vorab im Bergsteigerbüro über die aktuellen Verhältnisse oder wählt bei Unsicherheit den ungefährlichen Anstieg über die Stepbergalm!
Langsam und vorsichtig setzten wir ohne Eile einen Fuß vor den anderen. Mit uns auf dem Schneefeld sind drei Jungs, die ebenfalls nur zögerlich vorankommen. Von weitem sah es schlimmer aus, als es ist. Die Situation wird durch die bereits ausgetretene Spur etwas entschärft. Zudem sind die Verhältnisse sehr gut. Der Altschnee ist nicht eisig und auch nicht zu weich. Trotzdem ist es rutschig und Konzentration gefragt. Bei jedem Schritt schlage ich vorsichtshalber die weichen Kanten meiner Trailrunningschuhe in den weichen Schnee, um ein Rutschen zu vermeiden. In der Mitte des Kessels muss eine kleine Stufe bewältigt werden, was nochmals für kurze Anspannung sorgt. Danach wird das Gelände flacher und wir erreichen schon bald das Ende des langen Schneefeldes. Erleichterung macht sich in uns breit. Heidi versteht die Welt nicht mehr und jault vor Ungeduld. Das kommt wohl einer Beschwerde gleich, wo wir denn so lange bleiben!
Zum Gipfel ist es jetzt nicht mehr weit. Der schneefreie Weg schlängelt sich über felsdurchsetztes Wiesengelände und gibt den Blick über die Zugspitzregion sowie die Ammergauer Alpen frei. Was für eine Aussicht! Nach weiteren Höhenmetern gelangen wir auf einen sanften Grasrücken, der zur Südseite steil abbricht. Hinter einem kleinen Hügel blitzt das Gipfelkreuz der Kramerspitz auf. Nach dem ruppigen und steilen Abschnitt genieße ich jetzt die saftig grünen Bergwiesen, auf denen wir die Gipfelparade bewundern dürfen. In fünf Minuten erreichen wir das mächtige Kreuz des Kramers. Darunter befindet sich ein einladendes Holzbankerl, auf dem wir hungrig unsere wohlverdiente Brotzeit verspeisen. Wir füllen unsere Reserven auf, bevor wir den Abstieg über die bewirtschaftete Stepbergalm und das „Gelbe Gwänd“ antreten. Für die Tour sollten je nach Fitnesslevel fünf bis sieben Stunden Zeit eingeplant werden.
Die Stepbergalm ist eine kleine, urige Alm, auf der es leckere eine Brotzeit und Kuchen zur Stärkung gibt. Sie ist der perfekte Zwischenstopp auf dem Weg zum Kramer, zum Hohen Ziegspitz (1.864 m) oder zum Predigtstuhl (1.818 m).
Im Anschluss lässt es sich am besten über den landschaftlich interessanten Weg über das „Gelbe Gwänd“ ins Tal absteigen. Der Weg geht dort kurzzeitig in einen etwas steileren und ausgesetzten Steig über, der Trittsicherheit verlangt. Die wilde Schlucht mit den schroffen Felswänden ist ein tolles Fotomotiv. Wer es lieber etwas gemächlicher möchte, wählt den Kreuzweg hinab nach Garmisch.
Bergtour Exposition // Süd 1300 Höhenmeter, Aufstieg: 3,5 bis 4 Stunden Schwierigkeit: Mittel
Land // Bayern.
Orientierung // Vom Parkplatz des Gasthofes Almhütte folgt man dem flachen Kramerplateauweg ca. 10 Minuten, welcher unter der Bergflanke des Kramers quert. An der kleinen Kapelle folgen wir dem Wegweiser Richtung Kramer/Berggasthof St. Martin. (ca. 45 Minuten). Von dort auf schmalen Pfaden und in etlichen flachen Serpentinen bis zum Abzweig Königstand/Kramer. Links am Schild „Kramerspitze“ vorbei. Weiter durch den Wald, der immer lichter wird. Später anstrengend über steile Stufen durch den Latschengürtel und die Nordseite querend (Schneefelder beachten!), bis man auf einem grasigen Rücken dem Gipfelkreuz entgegengeht. In wenigen Minuten zum Gipfel.
Abstieg wie Aufstieg oder schöner als Rundtour südlich absteigend in Richtung bewirtschaftete Stepbergalm (1.592 m). Geöffnet immer am Wochenende sowie an Feiertagen. Von dort gibt es zwei Varianten: Nun entweder idyllisch über das „Gelbe Gwänd“ hinunter zum Ausgangspunkt oder weiter oben erst mit Gegenanstiegen querend über den „Kreuzweg“. Beide sind schöne Abstiegsalternativen.
Anreise // Auf der A95 und B2 nach Garmisch-Partenkirchen. Hier rechts der Beschilderung Richtung Ehrwald folgen. Noch vor dem Ortsende in Höhe der Kasernen rechts am Tierheim vorbei und dann nach links in die Straße „Zur Maximilianshöhe“ abzweigen. Kurz vor dem Berggasthof Almhütte findet man kostenlose Parkmöglichkeiten.
Parkplatz // Parkplatz Maximilianshöhe 15 in Garmisch-Partenkirchen oberhalb vom Tierheim.
Kosten // –
Ausrüstung // Stöcke, Brotzeit, Grödel.
Beste Jahreszeit // Frühsommer bis Herbst (Schneefelder nordseitig beachten!).
TIPP // Nach der anstrengenden Tour auf die Kramerspitze unbedingt im Gastof Almhütte einkehren! Die freundliche Bedienung tischt außer mittwochs durchgehend von 9 bis 18 Uhr leckere Köstlichkeiten der bayerischen Küche auf. Sehr zu empfehlen: gefüllte Windbeutel in verschiedenen Variationen. Lasst´s euch schmecken 🙂