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Der Albererhof im Chiemgau – schöne Objekte in Übersee

Der Alberer im Chiemgau. © Fotos: Stefan Pabst

Wie ein alter Hof in der herrlichen Voralpenlandschaft des Chiemgau seine Gäste in die Balance bringt

Die weißgelben Blüten der knorrigen Obstbäume vor dem Albererhof legen einen zarten Teppich auf das noch taukühle Gras. Im Glas der alten Kastenfenster spiegelt ein Kronleuchter sein vornehmes Licht, die salbeigrün gestrichene Tür mit einem eleganten Gesims steht halb offen, dahinter laden honigfarbene Solnhofer Platten zum Barfußgehen ein. Angela Schelling tritt aus der Tür des denkmalgeschützten Bauernhauses – nein, zuerst weht einem Kaffeeduft entgegen, dann erscheint die Gastgeberin.

Angela Schelling

Die Hausherrin und Gastgeberin Angela Schelling gibt allem den Schwung mit, den sie selbst lebt.

Als dem Münchner Ehepaar Angela und Marcus Schelling der altehrwürdige Großalbererhof, kurz „Der Alberer“ in Übersee am Chiemsee zum Kauf angeboten wurde, vervollständigte dieser ihr Anwesen-Ensemble. Denn zwei benachbarte Gebäude gehörten bereits zum Besitz: die „Alte Gendarmerie“ mit vier Ferienwohnungen gleich nebenan und das „Hebammenhaus“ gegenüber, wo die Familie sich einen privaten Rückzugsort vom Stadtleben geschaffen hat. Hier kocht die studierte Medizinerin Marmelade für ihre Gäste, setzt ihr Mann Essig und Most aus alten Obstsorten an und wird der eigene Bio-Honig abgefüllt. Der stolze Albererhof steht, wie ein Patron am Stammtisch, im Zentrum dieser, ja, charakterstarken Häuser, die viel zu erzählen haben, wenn man zuhören kann. Und die Hausherrin hat lange zugehört, bevor sie die Verantwortung übernahm, die Würde des Bauernhauses aus dem Jahr 1767 zu wahren, ihm seine Lachfalten und Schrullen zu lassen und es zugleich so zu renovieren, dass es weiteren Generationen Heimat bietet.

Angela Schelling streicht eine nasse Locke aus ihrem offenen Gesicht, wie jeden Tag kommt sie gerade vom Morgenschwimmen im nahe gelegenen Chiemsee. „Als wir uns entschieden haben, den Hof zu restaurieren, lag eine Laufbahn als Ärztin und als Gründerin eines Unternehmens im E-Commerce hinter mir“, erzählt sie. Bei allem Anspruch, der Aufgabe als Mutter und Geschäftsfrau gerecht zu werden, habe sie damals immer die Zeit gefunden, Flohmärkte zu besuchen, Auktionen im Auge zu behalten und Kontakte zu Kunstliebhabern zu pflegen, die ihr Nachlässe anvertrauten. Für die beständig gewachsene Sammlung von Kunstwerken und Antiquitäten brauchte es Raum. Sie sollte aber nicht im Privaten bleiben, vielmehr wollten die Schellings Gästen die Möglichkeit bieten, an den Objekten teilzuhaben.

Es sind die Akzente, die den Albererhof in seiner Souveränität inszenieren.

– Willkommen in der guten Stube. – Blickfang im Flurbereich: das großformatige Gemälde von Fritz Harnest. – Blick vom Flur in die Küche.

Im Februar 2021 begannen die Arbeiten am renovierungsbedürftigen Albererhof. Mit Geduld und Handwerkern, die sich noch auf alte lokale Handwerkskunst verstehen und die nichts umhauen kann, sondern die auf Überraschungen mit Gelassenheit und Intuition antworten, wurde das Bauernhaus behutsam instandgesetzt und zur Ferienwohnung ausgebaut. Hier fand dann auch ein Teil der Kunstsammlung ein Zuhause.

Die Farbe der Küchenfront harmoniert mit der Farbe der Türstöcke und lässt für Feriengäste keine Wünsche offen.

Tritt man durch die Giebelseite in das Bauernhaus ein, nimmt der Schwung des Treppenlaufs ins Obergeschoss den Blick mit in die Höhe und lenkt ihn zugleich auf das großformatige Gemälde von Fritz Harnest, welches im Flur brilliert. In einem Winkel neben der Eingangstür ruht die Bronze einer Bäuerin, die durch das schmale Fenster nach draußen blickt. Von hier geht es in das Herzstück des Hofs, die Bauernstube. Wo immer etwas zu retten war von Tragwerk, Dielenboden und Einbauten, wurde es sorgfältig von den mit alten Materialien und Techniken vertrauten Handwerkern hergerichtet. So auch die in die Wand eingelassenen Schränke. Zweifelsohne ein Prachtstück ist der Kachelofen, den die Gastgeberin, wie sie sagt, „auf Vorrat schon mal früher aus einem Gasthof gerettet“ hat. Die Ruhe und Harmonie der Stube muten fast schon klösterlich an.

– Ein Zimmer zum Verweilen, Schmökern oder Fernsehen. – Unter wunderbar bauschigen Plümos und in kuscheligen Kissen schläft es sich fantastisch. Das Bett aus Zirbenholz wurde maßgefertigt. – Liebe zum Detail. – Ein historischer Toilettenstuhl.

Das Besondere eines Raumes spüren, seine Linien aufzugreifen und mit passenden Materialien gekonnt Akzente zu setzen, dieses Kunststück ist auch im Obergeschoss gelungen. So erkannten die Schellings das Potenzial ausgesuchter Keramikelemente im Bad und arrangierten wenig dazu außer Licht und warmen Böden. Das gut durchdachte Konzept für die Funktion setzt sich fort bis hin zur Bibliothek, die so untergebracht wurde, dass sie ein echter Rückzugsort ist – außer den Hofbesitzern fällt es ein, eine Runde mit dem historischen Eicher-Traktor zu drehen. „Mir ist es wichtig, dass ich Räume schaffe, in denen sich Menschen willkommen fühlen. Daher lege ich auch großen Wert auf eine ausführliche Begrüßung. Und gelegentlich werden Gäste zum Aperitif im Garten eingeladen, das schafft Verbindung“, sagt Angela Schelling. Jedes der Schlafzimmer wurde mit Möbeln und Gegenständen gestaltet, die für Behaglichkeit sorgen. Hierher kann man sich nach Ausflügen in die Landschaft mit ihrer kraftvollen Energie zurückziehen und den Blick auf Hochgern und Hochfelln genießen, die den Rücken des Hauses zu schützen scheinen, während südlich der herrliche Chiemsee seinen Zauber verbreitet.

– Zweites Schlafzimmer. – Stilvolle Leitungen und Schalter aus Bakelit. – Ob anerkannter Künstler oder Flohmarktfund, das Miteinander bringt die Balance und ist herrlich entspannt. – Badezimmer im Obergeschoss – Der Flur im Obergeschoss: Was alt, aber gut ist, darf bleiben. Was neu hinzukam, wird nicht kaschiert, sondern stolz hergezeigt.

In die „Kammern“ tritt man durch in freundlichen Tönen lackierte Türstöcke. Dabei verspürt man das wohlige Gefühl, die Schwelle zwischen Außen und Innen zu überschreiten und sich ins Private zurückzuziehen. Dass ihre Decken Kronleuchter tragen, verleiht den Räumen allem Purismus zum Trotz eine gewisse Feierlichkeit. Das bauschige Plümo, fein verpackt in blütenweißer Wäsche, und Kissen, die darunter wie Hasenöhrchen hervorlugen, laden zu einem kleinen Mittagsschläfchen ein – wann hat man sich das zuletzt gegönnt?! Die Welt braucht mehr Plümos, möchte man vom Balkon rufen. Hier werden bald die Rosen hinaufranken und am Morgen die Gäste mit ihrem Duft wecken.

– Der Kräuter- und Gemüsegarten steht den Gästen zur Verfügung. – Garderobe im Eingangsbereich. – Kunst allüberall. – Küchenstillleben. – Tagebucheintrag der Vorbesitzer. – Flohmarkt-Fundstück. – Blick vom Garten in die Chiemgauer Alpen. – Hausbehüterin.

An den Wänden der Schlafzimmer ist, wie überall im Haus, ein Teil der vielfältigen, sorgfältig kuratierten Kunst der Schellings ausgestellt. Darunter Werke von Waldemar Kufner, der 1940 in Berchtesgaden geboren wurde und bis 2016 in Übersee lebte. Was seine Gemälde so besonders macht, ist nicht nur die technische Meisterschaft, sondern auch die tiefe emotionale Resonanz, die seine Arbeiten beim Betrachtenden hervorrufen. Kufners Bilder strahlen eine ruhige Gelassenheit aus und laden ein, in die Schönheit und Harmonie der Natur einzutauchen. Die Schellings lassen ihre Wirkung in bester Ausleuchtung im bäuerlichen Ambiente entfalten – eine Geste der Wertschätzung lokaler Kunst.

– Schlafzimmer. – Bronzeplastik einer Bäuerin. – Brennholz für den Kachelofen in der guten Stube.

Die Gastgeber müssen lange und gut zugehört haben, was Einheimische, Künstler und die früheren Bewohner des Albererhofs zu erzählen hatten. Angela und Marcus Schelling haben aber auch dem Haus zugehört und seine Bedürfnisse verstanden. So konnten sie eine Balance schaffen zwischen Geschichte und Moderne, zwischen Natur und Kultur, zwischen Tradition und Fortschritt. Ein Kulturgut achtsam in die Jetztzeit transferiert und dabei das Unvollkommene respektiert – so lässt sich wohl die Gelassenheit des Hauses erklären. Schön, dass Gäste nun daran teilhaben können. Möge der Geist des Hauses sich auf sie übertragen.

Der Terrassenboden und die Fassung wurden aus heimischen Nagelfluh gestaltet, der die Wärme lange speichert. Um den Bauerngarten blühen die Schnittblumen, so wie es der Brauch ist.

 

Gut zu wissen

Die Ferienwohnung „Der Alberer“ umfasst den gesamten historischen Teil im Erd- und Obergeschoss und eignet sich ideal für vier Personen. In der Wohnküche und der traditionellen Stube ist Platz für insgesamt sechs Gäste. Es gibt zwei Schlafzimmer mit Doppelbetten, eines davon mit Vollholz-Zirbenbett. Ein weiteres Zimmer im Obergeschoss kann als Lese-, Fernseh- oder weiteres Schlafzimmer (Schlafsofa) genutzt werden. Das großzügige Badezimmer im Obergeschoss und ein weiteres kleineres Bad mit Dusche im Erdgeschoss bieten ausreichend Platz. Der Ostbalkon lädt zum Kaffee in der ersten Morgensonne ein, auf der gegen Süden ausgerichteten, großzügigen Terrasse sitzt es sich entspannt bis in den Abend hinein. Eine Übernachtung für vier Personen ist ab 300 Euro buchbar.

Max-Brunner-Weg 1
83236 Übersee
Tel. 0176/21154523

Infos und Buchung unter www.altegendarmerie-uebersee.de