In Tirol gibt es zahlreiche Pisten. Und nie gleicht eine der anderen. Es gibt die blauen, die auch Anfänger problemlos fahren können, die roten und die schwarzen. Und dann gibt es eben auch die ganz besonderen, jene, die so steil sind, dass einem fast schwindlig wird, oder die Pisten, die einen in ein anderes Land bringen, oder die Abfahrten, die fast kein Ende nehmen. Fünf dieser ganz besonderen Tiroler Pisten stellen wir hier vor
Die Steilste: Harakiri in Mayrhofen
Der Name ist – fast – Programm. Aber nur fast. Denn für geübte Skifahrer ist diese Piste am Actionberg Penken im Skigebiet Mayrhofen im Zillertal mit 78 Prozent Gefälle ein wahrer Traum. Allerdings, geübt sollte man schon sein, wenn man die Harakiri hinunter fährt. Insgesamt misst die Piste mit dem offiziellen Namen „Nr. 34“ zwei Kilometer. Aber nur das erste Stück, etwa 400 Meter, ist so extrem steil. Eine gehörige Portion Mut und etwas Überwindung gehören allerdings auch dazu. Wer sich nicht ganz sicher ist, ob er die Harakiri bewältigen kann, testet sich selbst am besten erst einmal auf der Piste Nr. 12, Devil’s Run. Wer hier den letzten Steilhang problemlos schafft, ist bereit für die Nr. 34. Eröffnet wurde die Harakiri übrigens erst zur Wintersaison 2003/2004. Wegen des Gefälles von 78 Prozent ist die Pistenpräparierung sehr aufwändig: Die extra für solche Gefälle ausgelegte, neun Tonnen schwere Pistenraupe hat 430 PS und wird oben an einer Winde eingehängt, damit sie nicht den Berg hinunterrutscht.
Die Längste: 15 Kilometer bis nach Sölden
Für die Schwarze Schneid brauchen Skifahrer vor allem eine kräftige Oberschenkelmuskulatur und eine gute Kondition. Sonst schafft man die 15 Kilometer vom Rettenbachgletscher zur Gaislachkogelbahn und hinunter ins Tal nur mit mehreren Einkehrschwüngen. 1.970 Höhenmeter überwindet die längste Piste Tirols. Der Startpunkt der Abfahrt liegt 90 Meter überhalb der Bergstation der Schwarzen Schneid auf 3.340 Meter. Das Ziel ist die Talstation der Gaislachkoglbahn auf 1.370 Metern. Die Abfahrt hat ihren Namen vom 3.340 Meter hohen Berg Schwarze Schneid, der damit zwar der höchste, aber nur einer von insgesamt drei Dreitausendern im Skigebiet von Sölden ist. Der Gaislachkogel misst 3.058 Meter und der Tiefenbachkogl 3.250 Meter. Wer vor der langen Abfahrt noch auf den höchsten Punkt des Skigebiets möchte, muss etwa 90 Höhenmeter und 15 Gehminuten investieren, um auf die Aussichtsplattform am Gipfel zu gelangen, in deren Mitte eine Kraftpyramide steht. Von hier oben blickt man waagerecht auf zahlreiche andere Dreitausender und hat eine Fernsicht von rund 100 Kilometer, bis zur Zugspitze im Norden und den Dolomiten im Süden.
Die Urbanste: Abfahrt mit Blick aufs Goldene Dachl
Von der Straße auf die Piste. In welcher Stadt sieht man schon Menschen in kompletter Skimontur in der Straßenbahn sitzen, als wären sie in der Gondel? In Innsbruck ist das ein alltäglicher Anblick. Manch einer fährt sogar mit Skischuhen an den Füßen und den Skiern unterm Arm auf dem Rad durch die Stadt. Nur 20 Minuten braucht man aus dem Herzen von Innsbruck bis auf die Pisten der Nordkette. Eine kurze Fahrt zur Talstation, rein in die Standseilbahn bis zur Hungerburg und weiter auf die 1.900 Meter hoch gelegene Seegrube, wo sich die Boarder und Freeskier im weltweit einzigen Incity-Snowpark treffen, dem Nordkette Skylinepark. Mit der Hafelekarbahn geht es weiter bis auf 2.200 Meter und schon steht man mitten in den Bergen auf den sechs Pisten des wohl urbansten Skigebiets – mit einem einzigartigen Panoramablick auf Innsbruck mit seinem berühmten Goldenen Dachl. Hinunter führen die Pisten bis zur Hungerburg. Danach kann man einfach in Skikluft wieder ins Stadtzentrum fahren und auf dem Heimweg vielleicht sogar noch ein bisschen bummeln.
Die Internationalste: Die grenzüberschreitende Schmugglerrunde in Paznaun-Ischgl
Schmuggeln ist kein leichtes Geschäft, schon gar nicht in den Alpen und erst recht nicht vor über hundert Jahren. Butter, Käse, Felle trugen die Schmuggler aus Paznaun über die Schweizer Grenze nach Samnaun. Und natürlich machten sie sich nicht mit leeren Rucksäcken auf den Rückweg. Kaffee, Reis, Mehl, Tabak, Gewürze oder Saccharin wurden wieder nach Österreich geschmuggelt. 40, 50 Kilogramm wogen die Rucksäcke. Wirklich kein leichtes Geschäft. Wer die Schmugglerrunde heute mit Skiern abfährt, muss weit weniger Ballast mit sich rumtragen. Nur Kondition braucht man, um die neue, grenzüberschreitende Skiroute zu absolvieren: Die Runde hat eine Gesamt-Streckenlänge von 59 Kilometern, 35,7 Kilometer sind Piste und 23,3 Kilometer Seilbahnfahrten, 6.463 Höhenmeter. Damit ist diese Skirunde von Österreich in die Schweiz eine der längsten Runden weltweit. Und außerdem laut skiresort.de auch die „Beste Skirunde 2017“.
Die Berühmteste: Rennfahrer-Feeling auf der Streif in Kitzbühel
Die Abfahrtsrennen am Hahnenkamm in Kitzbühel sind legendär. Kaum eine andere Piste ist so schwierig zu befahren und gleichzeitig so spektakulär wie die berühmte „Streif“. Sämtliche Elemente einer richtig anspruchsvollen Weltcup-Abfahrt sind auf der 3.312 Meter langen Strecke zu finden: scharfe Geländekanten, über die die Rennfahrer bis zu 80 Meter lange Sprünge setzen (kurz vor dem Ziel), Steilhänge mit einem Gefälle von bis zu 85 Prozent (Mausefalle), Schrägfahrten, Schuss-Strecken, bei denen die besten bis zu 145 Stundenkilometer erreichen, Bodenwellen und sogar eine Bergauf-Passage. Wer hier gewinnt, hat es wahrlich in den Olymp der Skirennläufer geschafft. Aber auch „normale“ Skifahrer können zumindest Teile der Streif befahren. Schlüsselstellen wie Mausefalle, Steilhang oder Hausbergkante sind allerdings meist sehr vereist und als „Skiroute extrem“ gekennzeichnet. Die so genannte Familienstreif umgeht diese schwierigen Passagen und ist eine rote Piste. 2018 finden die Weltcup-Rennen am Hahnenkamm vom 16. bis 21. Januar statt.