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Vom Schliersee auf einer abwechslungsreichen Familientour zum Bodenschneidhaus und auf den felsigen Gipfel der Bodenschneid

Familientour zum Bodenschneidhaus und auf den felsigen Gipfel der Bodenschneid

© Fotos: Katrin Böckelen

Obwohl der Gipfel der „Bodenschneid“ (1.669 m) eindeutig das Prädikat „Münchner Hausberg“ innehat, gehört sie trotz ihrer Bekanntheit zu den Bergen, die nie überlaufen sind. Das ist wohl der großen Vielfalt der Tourenmöglichkeiten dieser Vorgebirgsregion geschuldet: zum Mangfallgebirge zählt das weitläufige Wandergebiet des Spitzingsees, der Tegernseer Berge, der Schlierseer Berge sowie die Wendelsteingruppe. Schier unendliche Gipfeloptionen, die zwar viele Bergaspiranten anziehen, aber auch gut verteilen. Für Familien hat die Bodenschneid-Tour von Neuhaus zudem den Vorteil, dass auf dem gemütlichen Bodenschneidhaus übernachtet werden kann. Für Kinder immer ein Erlebnis! Ein weiterer Pluspunkt ist die Anbindung an die Öffentlichen Verkehrsmittel. Ideal, um bequem von München per Bahn anzureisen, ohne die Natur in Mitleidenschaft zu ziehen. Wer also alleine oder mit Anhang eine konditionell leichte, aber sehr abwechslungsreiche Wanderung sucht, wird auf dieser landschaftlich schönen Tour in den bayerischen Bergen definitiv fündig!

Bodenschneid. Dieser Name ist mir seit meiner Kindheit ein Begriff. So gehörte diese Wanderung zu einer meiner ersten Ausflüge in die Bergwelt, nicht weit von meiner Heimatstadt München entfernt. Meine Mama Karin, die mich damals als kleines Wesen in der Kraxe auf Gipfel getragen hat, ist heute mal wieder auf Tour dabei. Gemeinsam starten wir am Ausgangspunkt, dem Wanderparkplatz „Dürnbachstraße“. Das oberste DAV-Schild zeigt unser heutiges Ziel „Bodenschneid/Bodenschneidhaus“ an. Unter den zahlreichen angeschriebenen Touren ist auch die bekannte „Brecherspitz“ aufgeführt. Mit ihren 1.683 Metern ist sie nur unwesentlich höher als unser Gipfel. Heute werden wir einen guten Ausblick auf diese ebenfalls sehr lohnende, aber anspruchsvollere Bergtour haben. An der Info-Stange informiert das Schild an der untersten Position, dass das Bodenschneidhaus geöffnet ist. Da werden wir uns nach der Gipfelbesteigung auf jeden Fall mit einem leckeren Schmankerl verwöhnen! Der erste Abschnitt verläuft unschwierig über die breite Forststraße. Nach einem gemütlichen Start gehts gleich steil zur Sache. Leider bleibt die Steigung erst mal so, also schön langsam. Der Kiesel-Belag des Fahrweges ist sehr fein, sodass man hier theoretisch, wenn man die Power hat, einen sportlichen Kinderwagen hochschieben könnte. Mit dem Mountainbike ist die Rampe eine Herausforderung! Allerdings wäre die Zuhilfenahme eines E-Bikes mit Kinderanhänger gut möglich, um damit etwas entspannter bis zum Bodenschneidhaus zu gelangen.

Links von uns sprudelt ein kleiner Gebirgsbach durchs wilde Tal, das hier sehr eng an der abfallenden Bergflanke verläuft. Mittlerweile haben wir schon Höhe gewonnen. Der Taleinschnitt wird immer steiler und das Rauschen des Baches leiser. Wir laufen über eine Brücke, die einen Blick hinab zum tosenden Bach erlaubt. Kaum zu glauben, dass sich an diesen Steilhängen Bäume halten können. Der Bergwald spendet uns einen Großteil des Aufstieges wohltuenden Schatten. Vor allem an heißen Sommertagen ist der nordseitige Anstieg sehr angenehm! Bis wir das Ende der Forststraße erreichen, vergeht etwas Zeit. Wir kommen an einer kleinen Kapelle mit Rastmöglichkeit vorbei, die allerdings besetzt ist. Nach einer weiteren Kurve sind wir endlich an der nächsten Abzweigung angelangt. Ich freue mich nach der monotonen Straße über die Abwechslung, die uns nun in Form eines schmaleren Karrenweges entgegenkommt. Eine breite Brotzeitbank lädt für eine kurze Trinkpause ein. Bei den hoch sommerlichen Temperaturen auf jeden Fall notwendig. Wir nehmen beide einen großen Schluck aus der Wasserflasche und schlagen den schmalen Waldpfad ein.

Wer der Forststraße nach links folgen würde, käme an der urigen „Freudenreichalm“ raus, von der es über zwei Varianten zur „Brecherspitze“ geht. Entweder man folgt dem Wanderweg hinauf zum Sattel, wo sich die „Obere Firstalm“ befindet und steigt von dort über den Normalweg zur Brecherspitze hinauf, oder man wählt die abwechslungsreiche, aber auch längere Variante über die kleine „Freudenreichkapelle“, welche fragil auf dem schmalen Wiesengrat steht. Von dort verläuft der Anstieg über den Südwestgrat, der Trittsicherheit erfordert. Dazu später mehr! Für uns gibts jetzt einen willkommenen Forstweg-Abkürzer über einen Pfad. Daher folgen wir dem Wegweiser geradeaus in den Wald hinein. Der steinige Weg geht nun in erdigen Waldboden über, der mit seinen Wurzelteppichen für ein federndes Laufgefühl sorgt. Der Pfad endet nach ca. 15 Minuten Aufstieg und mündet wieder in die Fahrstraße, die sich gemächlich an den beweideten Almwiesen vorbeischlängelt. Im saftigen Gras neben uns tummelt sich einiges an Fleckvieh, die mit ihren lauten Kuhglocken für das bayerische Heimatgefühl sorgen.

Wir genießen nach dem schattigen Aufstieg die Weitläufigkeit der sonnigen Bergwiesen. Unser Ziel sehen wir noch nicht. Das Bodenschneidhaus sowie unser gleichnamiger Gipfel befindet sich versteckt am Ende des Dürnbachtales. Es liegen noch circa zwei Kilometern Wegstrecke vor uns, bevor es ans Finale geht. Mal flach, dann wieder steiler, windet sich der Wirtschaftsweg in einem Auf und Ab über das Almgelände der idyllisch gelegenen Raineralm (1.263 m). Wie ein kleiner Ausschnitt aus dem Paradies. Die Sonne brennt heute vom wolkenlosen Himmel auf uns nieder. Kaiserwetter!

Nach der nächsten Kurve ist es endlich so weit! Wir haben den Kessel des Bodenschneidhauses erreicht. Das DAV-Schutzhaus bietet von Montag bis Sonntag von 9 bis 22 Uhr eine durchgehend warme Küche mit regionalen Gerichten an. Mit 48 Schlafplätzen, davon 31 Lagerplätzen, verfügt die Hütte durchaus über die Kapazität, um den vielen Bergliebhabern an schönen Wochenenden Herr zu werden. Vor allem Familien mit Kindern nehmen das Übernachtungsangebot gerne in Anspruch. Den leichten Aufstiegsweg können auch die Kleinsten mit ausreichend Pausen in circa 2–2,5 Stunden (entspanntes Tempo) absolvieren. Somit kann ein kleines Abenteuer in der Natur ohne zu große Anstrengung oder Quengeleien erlebt werden. Auf dem Bodenschneidhaus sorgt ein regelmäßiges „Programm“ für eine schöne Unterhaltung. Wir wollen erst nach dem Gipfel zur „Belohnung“ auf der Hütte einkehren. Daher folgen wir hinter dem Bodenschneidhaus dem kleinen Pfad. Auf dem Wegweiser stehen 1 Stunde und 15 Minuten Gehzeit angeschrieben.

Ungläubig blicke ich hinauf zum mächtigen Gipfelkreuz, das zum Greifen nah erscheint. Da muss es sich wohl um eine gewaltige optische Täuschung handeln! Maximal 30 Minuten hätte ich für den Gipfelsturm gerechnet. Doch auf dem Weg zur Bodenschneid sehe ich ein, dass ich mich getäuscht habe. Im Gebirge sind die Dimensionen doch andere und manchmal kommt es vor, dass man sich gänzlich verschätzt. Dachten wir auf der Almwiese noch, der Weg würde sich entspannt durch liebliche Bergwiesen schlängeln, so wurden wir eines besseren belehrt. Jetzt merke ich auch, wieso für den Aufstieg so viel Zeit eingeplant wird. Kurz bevor wir das Almgelände verlassen, müssen wir auch schon mühsam über große Felsstufen kraxeln. Der verblockte Steig im Wald ist zudem nass, was daraus eine kleine Konzentrationsübung macht. Nach rund 20 Minuten verlassen wir den unwegsamen Steig. Wir steigen nun über lichte Bergwiesen hinauf zum felsigen Gipfelaufbau. In diesem Bereich befindet sich ein kleiner Klettergarten, welcher zum Bodenschneidhaus gehört. Für Topos einfach die Wirtsleute fragen!

Endlich geht ein leichter Wind, denn die heiße Luft stand im feuchten Wald und bescherte uns schwülwarme Temperaturen. Zeit, um kurz durchzuatmen und den wunderbaren Ausblick zu genießen. Gegenüber befindet sich die Brecherspitz, die jedes Jahr Todesopfer fordert. Blickt man von Westen auf ihren langen Grasrücken, ist man diesbezüglich etwas ratlos. Doch der zahme Eindruck täuscht, so hat sie noch eine andere, wildere Seite. Alle ihre Anstiege führen über Grate. Der unmarkierte und unbeschilderte sowie steile und sehr ausgesetzte „Ostgrat“ von Spitzing ist nur erfahrenen Alpinisten zu empfehlen. Dann gibt es den beliebtesten Anstieg über die „Firstalmen“. Im letzten Teil ist Trittsicherheit gefragt, denn der schmale Pfad führt ebenfalls über ein kurzes, anspruchsvolleres sowie ausgesetztes Gratstück, auf dem Wanderer bereits ihr Leben ließen. Vor zwei Jahren stürzte vor den Augen meiner Mutter sowie der Tochter der Verunglückten eine Frau ab. Eine kurze Unachtsamkeit, die alles veränderte. Viel Drama, das wohl der hohen Frequentierung dieser bekannten Tour zuzuschreiben ist.

Für erfahrene Wanderer sollte der Normalweg gut machbar sein. Sogar Stahlseile entschärfen die gefährlichsten Stellen, bewahren aber augenscheinlich nicht vor Abstürzen. Dann gibt es noch einen leichten Gratanstieg über die Freudenreichkapelle. Nie wirklich ausgesetzt müssen lediglich steinige Passagen überwunden werden. Doch auch hier wurde vor ein paar Jahren ein junger Mann vom Blitz erschlagen. Daher der gut gemeinte Rat bei Gewitter und fehlender Bergerfahrung nicht auf exponierte Grate steigen! Für unser Finale müssen wir nur noch einer langen Querung unterhalb der Felsen folgen, dann befinden wir uns auch schon im Gipfelbereich. Nun wird es unterhalb des Kreuzes kurzzeitig spannend! Es muss zuerst eine felsige Rinne durchstiegen werden und im Anschluss über eine kleine Felsstufe hinweg. Für routinierte Wanderer ein Klacks! Wer nicht so trittsicher ist, kann die Hände zu Hilfe nehmen oder unten warten. Das raue Gelände ist genau nach meinem Geschmack. Wir erreichen den höchsten Punkt, die Bodenschneid auf 1.669 Metern. Ich staune: Das Gipfelkreuz ist riesig. Für so einen verhältnismäßig kleinen Berg ungewohnt gewaltig! Daher auch die optische Täuschung …

Auch das Panorama kann sich sehen lassen. Zuerst sticht natürlich der azurblaue Tegernsee hervor. Um ihn herum die dazugehörige Tegernseer Bergwelt mit ihren kleinen, aber feinen Gipfeltouren, das Mangfallgebirge, das Spitzinggebiet und in weiter Ferne das schroffe Wettersteingebirge sowie die alpinen Felsspitzen des Karwendels. Herrlich! Man muss nicht immer auf die höchsten Gipfel steigen, um eine großartige Aussicht zu haben. Wir genießen die Ruhe. Das Einzige, was zu uns herauftönt, ist das obligatorische Kuhglocken-Geläut und das Summen der Insekten. So lässt es sich aushalten. Die Brotzeit schmeckt am Gipfel mit ordentlich Appetit für gewöhnlich am besten, also habe ich mir diesmal besonders viel Mühe gegeben. Vom Vollkornbrot mit Hummus bis zur Rohkost ist alles dabei. Doch etwas Platz muss noch für den leckeren Kuchen am Bodenschneidhaus bleiben. Soeben steigt eine Familie von der Sutten-Seite zu uns herauf. In der Mittagshitze suchen sie schnell den dürftigen Schatten einer kleinen Tanne. Wir machen uns schwitzend an den Abstieg. Mit etwas mehr Zeit und kühleren Temperaturen hätten wir auch die Rundtour vom Gipfel über die Obere Firstalm wählen können. Doch die Zeitangabe von 1,5 Stunden schreckt uns ab. Schließlich müssten wir ab der Firstalm noch gut die Hälfte der Strecke nach Neuhaus zurücklegen.

In Anbetracht der Hitze sind uns die 40 Minuten zum Bodenschneidhaus wesentlich sympathischer. Das nächste Mal! Im Spitzinggebiet gibt es unzählige Möglichkeiten: Von der im Winter bekannten langen „Rotwand Reibn“ bis hin zu lohnenden Gipfelkombinationen oder Hütten-Hopping ist dort vieles möglich. Zwar alles im Vorgebirgsflair, aber das schließt ja nichts aus, wie wir heute am reizvollen Charakter dieser Tour gesehen haben; Wälder vs. Almwiesen, Forststraßen vs. Pfade, der Mix zwischen leichter Wanderung und alpinem Terrain. Da brauchts nicht immer die lange Anfahrt mit dem eigenen Auto, um schöne Bergmomente erleben zu können. Oft reicht auch die einstündige Bahnfahrt, die uns in eine schöne Bergwelt entführt und zudem noch CO2 einspart.

GUT ZU WISSEN

 Wanderung Exposition // Alle  840 Höhenmeter, 13 Kilometer. Aufstieg: 2 – 2:30 Stunden, Abstieg: 1,5 Stunden Schwierigkeit // Leicht im unteren Teil (überwiegend Forstwege). Gipfelanstieg ab Bodenschneidhaus Mittel (verblocktes, teils felsiges Gelände).

Land // Bayern, Mangfallgebirge/Schlierseer Berge.

Orientierung // Vom Parkplatz „Dürnbachstraße“ in Neuhaus (859 m) folgen wir vom Sägewerk aus der breiten Forststraße, die schnell sehr steil wird. Auf dieser wandern wir ca. 50 Minuten bergan, bevor wir an einer Gabelung einen holprigen Karrenweg und anschließend einen schmalen Pfad einschlagen. Auf diesem gehts weiter durch den kühlen Bergwald, bis wir ein Gatter erreichen. Nun läuft man auf einem breiten Fahrweg noch ca. 40 Minuten durch lichtes Almgelände an der Raineralm vorbei hinauf zum idyllischen Bodenschneidhaus (1.365 m). Diese ist ganzjährig bewirtschaftet! Im Kessel nehmen wir den schmalen Pfad hinter der Hütte, der kurz über die Almwiesen führt, bevor es nun im Wald ans Bergsteigen geht. Hier ist etwas Trittsicherheit notwendig, da der Weg überwiegend über verblocktes Gelände führt. Auch wenn der Gipfel vom Bodenschneidhaus aus verführerisch kurz erscheint, sind es doch ca. 300 Höhenmeter, die sich im unwegsamen Gelände unangenehm in die Länge ziehen (Zeitbedarf ca. 1–1,5 Stunden). Im Gipfelbereich müssen zwei Felsstufen überwunden werden, die allerdings für routinierte Wanderer gut machbar sind! Abstieg wie Aufstieg. Varianten für Rundtouren sind möglich. Dann größerer Zeitbedarf!

Anreise // Über die Autobahn München–Salzburg bis zur Ausfahrt Weyarn. Nach der Ausfahrt Richtung Weyarn halten und über Miesbach, Hausham und Schliersee bis nach Neuhaus fahren. Nach dem Bahnübergang bei der zweiten Möglichkeit rechts Richtung Josefstal und sofort wieder rechts in die Dürnbachstraße einbiegen. Am Ende der Dürnbachstraße befindet sich ein Wanderparkplatz.
Parkplatz // Am Ende der Dürnbachstraße am Sägewerk.
Kosten // 4 Stunden kosten 2 Euro, ein ganzer Tag 6 Euro.

Anreise Öffentlich // Von München Hauptbahnhof mit der Bayerischen Regiobahn Richtung Bayrischzell bis zur Haltestelle Fischhausen-Neuhaus (Fahrplan und Buchung). Vom Bahnhof zu Fuß über die Waldschmidtstraße und zum Ende der Dürnbachstraße (bis zum Ausgangspunkt ca. 20 Minuten Fußweg). Der Bahnhof liegt im Geltungsbereich des Oberland-MVV-Tickets.

Ausrüstung // Bergschuhe, Stöcke, Rucksack, Brotzeit, Bargeld, DAV-Ausweis.
Beste Jahreszeit // Ganzjährig. Bei guter Schneelage auch als Schneeschuh- oder Skitour empfehlenswert!

TIPP// Einkehren und/oder Übernachten im gemütlichen Bodenschneidhaus! Vor allem für Familien mit kleinen Kindern ist eine Nächtigung auf der Hütte lohnenswert, da die anstrengenden 300 Höhenmeter Aufstieg zum Gipfel der Bodenschneid somit entspannt auf den nächsten Tag verlegt werden können, ohne durch den Abstieg in Zeitnot zu kommen.

Öffnungszeiten: Ganzjährig. Montag bis Sonntag von 9 bis 22 Uhr.

Mehr Infos unter: www.bodenschneidhaus.de