ANZEIGE

Klassik Radio App für Klassik und Filmmusik

Ganes – Wenn Feen singen

Ganes – Wenn Feen singen. Die Schwestern Elisabeth (l.) und Marlene Schuen (M.) und ihre Cousine Maria Moling (r.) begleiten sich schon ein Leben lang durch ihre musikalischen Welten.

Poptrio: Die Schwestern Elisabeth (l.) und Marlene Schuen (M.) und ihre Cousine Maria Moling (r.) begleiten sich schon ein Leben lang durch ihre musikalischen Welten © Foto: Claudia Höhne

Marlene und Elisabeth Schuen und ihre Cousine Maria Moling aus dem kleinen La Val in der Alta Badia nennen sich GANES. Mit Dolomitensagen und verspielt einfühlsamem Pop füllen sie Konzertsäle. Obwohl sie in der Sprache ihrer Heimat singen: auf Ladinisch

 

ALPS: Wie gelingt es Euch, Menschen mit Liedern zu begeistern, die keiner versteht?
MARLENE: Vielleicht, weil es natürlich und authentisch ist? Ladinisch ist unsere Muttersprache. Unsere Fans spüren das. Sie können ihre Fantasie spielen lassen. Die Sprache gibt der Musik ihren besonderen Klang. Viel zu oft lenkt der Text doch von der Musik ab. Kennt Ihr den isländischen Sänger Ásgeir? Er hat anfangs nur isländisch gesungen, heute englisch. Aber ich höre immer seine frühen Songs. Gerade, weil ich sie nicht verstehe, sind sie so viel faszinierender als die neueren.

Ihr lebt heute in Berlin, München und im Bregenzer Wald. Ein deutschsprachiger Alltag, oder?
ELISABETH: Nicht unbedingt. Zuhause spreche ich mit meinem Sohn natürlich Ladinisch. Ich möchte meine Muttersprache weitergeben. Wir sprechen sie auch untereinander, wenn wir auf Tour sind. Ich denke Ladinisch, nicht deutsch. Wir singen nicht Ladinisch, damit es etwas Besonderes ist. Es ist einfach selbstverständlich. Im aktuellen Album „An cunta che …“ („Man erzählt sich, dass …“) besingen wir die alten Dolomitensagen. Da wäre es schon komisch, in einer anderen Sprache zu singen.

Gesungene Sagen – ist das denn zeitgemäß?
ELISABETH: Sicher, die Dolomitensagen sind sehr alt. Aber sie behandeln sehr aktuelle Themen. Sie sind zeitlos.
MARLENE: Es geht um Krieg und Frieden, Flucht und Heimatlosigkeit. Darum, sich Zeit seines Lebens nirgendwo zuhause zu fühlen. Sehr aktuell, nicht wahr?

Wie seid Ihr überhaupt auf diese Sagen gestoßen?
MARLENE: Es sind Geschichten, die wir von klein auf gehört haben. Oft bei Wanderungen mit der Familie. Papa kannte sich bestens aus in den Bergen. Er wusste, zu welchem Stein welche Geschichte gehörte. Dann erzählte er uns, dass der Stein so aussieht, weil der Sage nach hier ein König versteinert wurde. Und die Berge wurden in der untergehenden Sonne rot, wenn eine Gana, eine Fee, errötete. Wir fanden diese Geschichten mitreißend. Unsere Fantasie hat fabelhafte Bilder dazu erfunden.
ELISABETH: Das hat uns das Komponieren ganz leicht gemacht. Wir hatten die Lieder schon im Ohr. Die Bilder und die passende Musik – alles war schon da.
MARLENE: Die Musik dazu ist eine Art Landschaftsmalerei.
ELISABETH: Wir spielen mit viel Hall, mit Querflöten, Blasinstrumenten, Streichern, aber auch dem Hackbrett. Und das alles gemischt mit Synthesizer, damit eine gewisse Weite in die Musik kommt. So wird die Landschaft auch in der Musik lebendig. Das kann man mit Filmmusik vergleichen.

„Wenn die Berge glühten, hieß es, dass eine Gana, eine Fee, errötete“

Ohne Hubert von Goisern wäre Ganes vielleicht nie entstanden. Richtig?
ELISABETH: Wer weiß. Marlene war damals schon viel mit ihm unterwegs. Für seine Linz Europa Tour 2007 bis 2009 suchte er zwei weitere Musikerinnen (Anm. Redaktion: Zur Bewerbung der Kulturhauptstadt Linz09 reisten er und andere Musiker mit einem zur Bühne umgebauten Frachtschiff auf Donau, Rhein und Main monatelang quer durch Europa und gab entlang der Route Konzerte, auch mit bekannten Gastmusikern).
MARLENE: Auf diesem Schiff haben wir so viel Zeit wie nie zusammen verbracht. Wir haben wieder gemeinsam Musik gemacht, wie damals als Kinder, und uns sehr schnell verstanden. Wir mussten uns nicht viel absprechen, wussten sofort, wer welche Stimme singt. Wir waren schon ein eingespieltes Team. Da entstand die Idee zum ersten gemeinsamen Album.

Hat sich Eure Musik seitdem verändert?
MARLENE: Auf den letzten beiden Alben sind wir sehr viel mehr bei uns selbst. Wir haben ganz viel in die eigenen Hände genommen, unsere eigene Firma gegründet, die Alben selbst finanziert, arrangiert und produziert. Wir sind mit ganz klaren Vorstellungen ins Studio gegangen. Und haben jetzt das Gefühl: Das ist unser Kind.

Wie oft schafft ihr es noch, gemeinsam Zeit zu verbringen und zu komponieren?
MARLENE: Komponieren ist doch sowieso etwas sehr Persönliches. Mir fällt es allein leichter. Wollte man gemeinsam komponieren, müssten alle genau dann kreativ werden, wenn man sich trifft, dann muss jeder auf den Punkt funktionieren. Bin ich aber allein, kann ich auch in der Nacht draußen auf dem Balkon sitzend und Sterne guckend die passende Melodie finden und sie aufschreiben.
ELISABETH: Es geht auch so. Marlene hat in Berlin geschrieben, ich bei mir zuhause. Irgendwie war da eine Selbstverständlichkeit, wie wir das Album anlegen wollen.
MARLENE: Wir haben es dann weitgehend zu zweit gemacht. Maria ist zum Einsingen ins Studio gekommen. Zwei Wochen haben wir gemeinsam zuhause in La Val geprobt. Wir haben es uns richtig gemütlich gemacht, mittags hat die Mama immer gekocht.

Was kommt Euch in den Kopf, wenn ihr an Heimat denkt?
MARLENE: Musik. Unsere Kindheit war voller Musik. Unsere Eltern lieben und spielen verschiedene Instrumente. Ob Blockflöte, Geige oder Gesang, Volksmusik, Klassik oder Gospel, wir haben immer musiziert und gesungen. Es hat sich bei uns auch nie wie ein Zwang angefühlt. Unsere Eltern haben uns die Musik mit Liebe beigebracht.
ELISABETH: Und die Liebe für die Musik.

Und heute, werdet ihr daheim wie Stars empfangen?
MARIA: Man freut sich, wenn man uns sieht. Inzwischen, nach sieben Jahren, wissen es die Menschen zu schätzen, dass wir die Sprache und Kultur im Ausland bekannt machen.

War das denn früher nicht so?
MARIA: Die Ladiner sind vielleicht ein wenig verschlossen. Fremdem gegenüber hält man sich erst einmal zurück. Da war immer etwas Skepsis.

Wie viel Folklore steckt in Euren Liedern?
ELISABETH: Eigentlich keine. Aber viele möchten uns da einordnen.
MARLENE: Was wir tatsächlich übernommen haben aus der Tradition, ist das Dreistimmige. So haben wir zuhause immer gesungen. Das kommt von allein. Aber vielleicht kommt das auch daher, dass man uns mit Hubert von Goisern noch in Verbindung bringt – Alpenrock und Volksmusik.

Eure Konzerte finden meistens in bestuhlten Konzerträumen statt. Einige Eurer Lieder sind aber durchaus tanzbar…
MARLENE: Die große Mehrheit unseres Publikums ist fürs Sitzen. So ist es einfach. Aber wenn Du tanzen möchtest, dann steh auf!
ELISABETH: Wenn Du Dich traust.

Wo die Feen leben
 
SCHLAFEN
An einem Hang, vier Kilometer von La Val, badet der von 1573 datierende, fleißig bewirtschaftete Maierhof in der Herbstsonne. Schmucke Einrichtung auf Holzdielen, hauseigene Milch, Eier und Speck (für kleinen Aufpreis) zum Frühstück.
Str. Coz 4, La Val, T +39/0471/84 31 71, www.maierhof.it, Appartments ab 50 Euro
 
ESSEN & TRINKEN
Es ist eine kleine Wanderung vom Dorfzentrum – und: Sie müssen vorbestellen. Aber wenn Sie eine halbe Stunde später droben in der Hofschänke Lüch de Survisc ankommen, sind die Tirtlen mit Spinat oder Polenta mit Pilzen schon fertig.
Cians 13, La Val, T +39/0471/84 31 49, www.survischof.bz
 
WEB: ganes-music.com