Bunte Blätter, raschelndes Laub, goldene Lichtstimmung, mystische Nebelschwaden: So fühlt sich der Herbst in all seinen Facetten an. Zusammen ergeben sie eine wildromantische Sinfonie der Sinne, die man vor allem in den Bergen erleben kann. An stabilen Tagen einer Hochdruckwetterlage, wenn in den Tälern und Niederungen zäher Nebel für Unmut sorgt, nähern sich die Temperaturen in höheren Gefilden nicht selten hochsommerlichen Temperaturen.
Herbst – jeder verbindet mit dieser exotischen Jahreszeit etwas anderes. Die einen lieben ihn, weil er Farbe versprüht und damit Lebensfreude. Man fühlt sich im Wald wie ein Kind, das lachend durch Laubhaufen wirbelt. Blätter und Kastanien werden gesammelt, zuhause zu kleinen Kunstwerken verarbeitet oder für schöne Deko verwendet. Der Herbst ist vielseitig. Unser Auge hat jetzt viel zu entdecken und zu bestaunen. Überall diese leuchtenden Farbenspiele, vor allem wenn die goldene Sonne durch das Blätterdach fällt. Heute nehme ich alle mit auf zwei wunderschöne Wanderungen, die den Herbst verkörpern, in all seiner Pracht.
Leichte Wanderung auf die Hochalm (1.428 m) im Vorkarwendel:
Ich treffe mich heute mit meiner Mama am großen Wanderparkplatz Hochalm (780 m). Sie kommt von München angereist und ich aus Garmisch. Gemeinsam starten wir in am östlichen Ende des Parkplatzes, wo uns gelbe Schilder den Weg zur „Hochalm (verfallen)“ weisen. Da von der Alm nur noch Ruinen übrig sind, muss für die Brotzeit selbst gesorgt werden. Wir folgen der breiten Forststraße durch den bunt verfärbten Mischwald, bis wir an einem Einschnitt in Form eines wilden Baches vorbeikommen, der sich unter uns in einer Schlucht verliert. Von oben kommend plätschert er von Gumpe zu Gumpe. Das wäre ein erfrischendes Badeparadies im Sommer! Nun gibt es für ein kurzes Wegstück zwei Möglichkeiten: Entweder folgen wir der sehr steilen, ausgewaschenen Straße, oder wir biegen rechts in einen kleinen Pfad ab. Wir wählen Variante B und steigen im Zick-Zack am Rande der Walchen-Klamm weiter auf.
Gelbe Grashalme kitzeln mich an den nackten Beinen, da ich mich bei den angekündigten, sommerlichen Temperaturen für eine kurze Hose entschieden habe. Nachdem wir das stellenweise etwas ausgesetzte Stück hinter uns gelassen haben, gelangen wir auch schon wieder auf die breite Straße, die nach wenigen Metern in einen schmalen Bergpfad übergeht. Nun gehts deutlich steiler immer an Rande der Klamm entlang. Doch keine Angst, der Weg ist weit genug vom Felsabbruch entfernt. Wer die Tiefe nicht scheut, kann hin und wieder an einem ungefährlichen Aussichtsplatz die Wildheit der Schlucht mit ihren steil abfallenden Felswänden bewundern. Auch hier dominieren die gelben, langen Grashalme, welche der Landschaft einen goldenen Touch verleihen. Mit den rot verfärbten Blättern ringsum, eine wunderschöne Farbkombination. Wir haben bereits etwas Höhe gewonnen und können oberhalb der Klamm einen Blick vom Karwendelgebirge erhaschen. Den Spot nutzen für eine kleine Trinkpause.
Nach einer Rechtskurve wird der Weg wieder breiter und flacher. Wir wandern nun durch einen lichten Buchenwald, dessen Baumkronen in orangegelben Farben leuchten. Unter unseren Schuhen rascheln die braunen Blätter, die gänzlich den Weg unter sich begraben. Anschließend gehts auf einem schmalen Pfad in den schattigen Mischwald hinein, dem wir für ca. 20 Minuten folgen. Der Weg ist „batzig“, was auf Hochdeutsch „glitschig, schlammig, dreckig“ bedeutet. Wir steigen über nasse Wurzeln, glitschige Steine und schlammigen Waldboden. Es ist halt im Herbst oft batzig, mei, es gibt Schlimmeres! Vor uns ist nun eine Lichtung zu erahnen. Wir zwängen uns durch ein Viehgatter, das die Tiere im Sommer am Ausbüchsen hindern soll. Die sind allerdings schon in ihrem warmen Stall unten im Tal. Wir laufen über die lieblichen Almwiesen der Höllei-Alm, bis wir die Gabelung erreichen.
Links gehts weiter hinauf zur Hochalm, rechts zur Höllei-Alm, die wir schon von weitem sehen. Gemeinsam entschließen wir uns der Aussicht wegen, den kurzen Abstecher mitzunehmen. Belohnt werden wir tatsächlich mit einem wunderbaren Karwendel-Panorama, das mit der intensiven Herbstverfärbung einen Schönheitspreis gewinnen könnte! Hier gefällt es uns so gut, dass wir diesen tollen Aussichtsplatz bei einer gemütlichen Brotzeit noch etwas genießen möchten. Die Sonne brennt vom makellosen Himmel auf uns runter. Obwohl ein leichter Wind geht, können wir hier ohne zu frösteln im T-Shirt und kurzer Hose sitzen. Der Altweibersommer macht seinem Namen alle Ehre. Im schattigen Tal verfängt sich die feuchte Luft in den Spinnweben, zaubert bizarre Perl-Muster in die Landschaft. Oben am Berg erwärmt sich die Luft auf 26 Grad, lässt damit unser Sommergefühl noch mal richtig aufleben. Zwei Kontraste, die kaum schöner nebeneinander existieren könnten!
Nur schwer können wir uns von diesem idyllischen Plätzchen neben der Höllei-Alm lösen. Doch der Gipfel ruft! Da später Schleierwolken angekündigt sind, wollen wir nicht zu lange trödeln, um am Gipfelplateau noch schöne Fotos machen zu können. Wir laufen den Weg hinunter zur Gabelung, wo wir wieder auf unseren Aufstiegsweg treffen. Laut Wanderschild sind es 30 Minuten zur Mitter-Hütte und nur noch 45 Minuten zur Hochalm. Ghupft wia gsprunga! Rechts gehts weiter am Berghang entlang, bis ein kleiner Bach erreicht wird. Diesen überqueren wir und müssen gleich danach über eine Steilstufe hinaufsteigen. Oben angekommen, lassen wir das sanfte Almgelände hinter uns. Nun beginnt eine lange Querung, immer an der Bergflanke entlang. Gemächlich schlängelt sich der Pfad empor. Er ist einfach zu gehen. Nur ab und zu müssen Hindernisse in Form von kleinen Gegenanstiegen oder Absätze mit Wurzeln bewältigt werden. Alles in allem für (fast) jedermann machbar, der über etwas Wandererfahrung verfügt!
Diese Tour eignet sich durch ihren zahmen Charakter perfekt für Familienausflüge mit kleineren Kindern am Wochenende. Mir sind auch einige Wanderer mit Hundebegleitung aufgefallen. Somit kommen auch die Vierbeiner auf ihre Kosten. Nach 25 Minuten erreichen wir auch schon die Almwiesen der Mitter-Hütte, die an einem herrlichen Berghang mit freiem Blick auf die umliegende Bergwelt steht. Allerdings ist auch diese Alm nicht bewirtschaftet. Ich genieße ausgiebig die Landschaft und warte auf meine Mom, die mir heute wieder als Foto-Model dient.
Die meisten Almen oder Hütten liegen an sehr idyllischen Orten inmitten der Bergwelt. Diese Plätze sind perfekt gewählt. Sie stehen dort oft wie fragile „Nester“, die in geschützten Senken, Mulden oder hinter Bergrücken liegen, wo sie den Naturgewalten nicht unmittelbar ausgeliefert sind. Diese Hütte erinnert mich ebenfalls an eine Art Nest, dessen Ort behutsam gewählt wurde. Es liegt geschützt vor Wind und Wetter am Waldrand, in einer kleinen Senke. Rechter Hand sorgt ein hoher Grasrücken für eine Art Schutzwall, an dessen flache Bergflanke keine Lawine ins Rutschen kommen kann. Dafür ist der Blick Richtung Norden fantastisch. Dort möchte man am liebsten einige Tage verweilen, um dem hektischen Alltag zu entfliehen. Wem diese Privathütte gehört, hat jedenfalls eine Ruheoase der Extraklasse. Ich schieße einige Fotos und gehe mit meiner Mama weiter Richtung Gipfel, den wir laut Wegweiser in ca. 25 erreichen werden.
Der Pfad schlängelt sich nach der Alm steiler im Wald empor. Bei den milden Temperaturen geraten wir dabei richtig ins Schwitzen. Servus. Griaß eich! Viele Wanderer kommen uns entgegen. Es scheint nicht nur uns bei dem herrlichen Wetter in die Berge verschlagen zu haben. Aber die Hochalm ist als einfache Wanderung mit toller Landschaft sehr bekannt. Zudem führen drei Anstiege auf ihr grasiges Haupt. Es kann vom Parkplatz „Stuben“ nordseitig aufgestiegen werden, die Nordwest-Route hat ihren Start im „Isartal“ und unsere Variante startet am „Sylvenstein-Speichersee“. Unsere Tour besticht durch ihre südseitige Exposition sowie durch die wildromantische Walchen-Klamm und ist somit in unseren Augen der abwechslungsreichste Anstieg. Die Bäume weichen nun dem weitläufigen Gipfelplateau, das aus saftigen Bergwiesen besteht. Wir laufen an der kleinen Steinruine vorbei, dessen Fundament der einzige Zeuge der ehemaligen Alm ist. Kurz dahinter befindet sich das große Holzkreuz der Hochalm. Wir umarmen uns mit einem herzlichen Bergheil!
Wanderung entlang des Geroldsees (auch Wagenbrüchsee) in Krün:
Nur 20 Minuten von der Alpenstadt Garmisch-Partenkirchen entfernt, existiert wohl einer der schönsten Seen im Süden von Bayern. Der Moorsee liegt nordöstlich des Ortsteils „Gerold“ der Gemeinde Krün. Schon lange hat sich seine Traumlage bei Influencern sowie Fotografen herumgesprochen. Das Karwendelgebirge dient als wilde Kulisse, das einen starken Kontrast zu den sanften Wiesen und Heuschober am Ufer des kleinen Sees bildet. Schilder weisen auf ein Betretungsverbot der Wiesen von Mai bis Ende September hin, da sie die Grundlage für das Futter der Kühe sind. Jetzt im Herbst dürfen sie betreten werden. Daher sind einige Fotografen bei guten Lichtverhältnissen anzutreffen. Der Blick von weiter oben auf den See mit dem Alpsitz- und Zugspitzmassiv im Hintergrund und der Laubverfärbung ist eine nahezu perfekte Komposition . Es liegt nahe, dass der Geroldsee im Sommer zum Baden sehr beliebt ist. Nach einer anstrengenden Aktivität perfekt für jeden, der den Tag mit einer wohltuenden Abkühlung ausklingen lassen möchte.
Jetzt im Herbst eignet sich der See hingegen zum Seele baumeln lassen, zum Innehalten und Schauen. Es ist der ideale Ort, um die Laubverfärbung mit der Bergwelt ringsum in vollen Zügen und vor allem in Ruhe ohne Anstrengung genießen zu können. Dazu bietet sich ein kurzweiliger Spaziergang auf dem breiten Wanderweg direkt am Ufer an. Vom Parkplatz in Gerold folgen wir linker Hand der Straße so weit, bis das Ende des kleinen Ortes, bestehend aus wenigen, alten Bauernhöfen, erreicht ist. Dort steht ein Wegweiser mit der Aufschrift „zum Geroldsee“, dem wir auf dem breiten Weg folgen. Nun gehts flach zwischen Ufer und Wiesen gemächlich dahin. Einige Bänke laden zum Verweilen ein. Wenn das nördliche Ende des Geroldsees erreicht wird, besteht die Option, die Wanderung bis zum angrenzenden „Barmsee“ zu erweitern. Dazu folgt man dem Weg weiter auf eine Anhöhe, von der es sehr steil hinab geht. Nach ca. 20 Minuten wird der Barmsee erreicht. Wem der aussichtsreiche Spaziergang ausreicht, geht nach der Anhöhe denselben Weg wieder retour.
Wanderung Exposition // Süd Hochalm: 700 Höhenmeter, 8 Kilometer // Zeitbedarf gesamt: 4,5 Stunden
Geroldsee: 50 Höhenmeter, 4,5 Kilometer // Zeitbedarf gesamt: 1 Stunde Schwierigkeit // Leicht
Land // Bayern, Vorkarwendel, Krün.
Orientierung Hochalm: Vom Parkplatz folgen wir der Forststraße in östlicher Richtung, bis wir zu einem kleinen Bergbach gelangen, der sich weiter talwärts in einer Schlucht verliert. Von dort zweigt einer kleiner Pfad rechts ab, der nach wenigen Metern wieder auf den breiten Weg trifft. Im lichten Buchenwald gehts ohne größere Steigung weiter, bis dieser in einen steileren Bergpfad übergeht. Nun schlängelt sich der schmale Weg durch schönen Mischwald, bis wir auf einer Almwiese an eine Gabelung gelangen. Rechts kann man einen kurzen Abstecher zur aussichtsreichen Höllei-Alm machen. Wir müssen allerdings links weiter Richtung Hochalm. Wir überqueren einen Bach und steigen anschließend den steilen Berghang hinauf. Danach wirds wieder flacher. In einer langen Querung zieht der Pfad am Hang entlang, bis wir die Almweide der Mitterhütte erreichen. Nun folgen wir den Wegweisern in den Wald hinein. Nach 20 Minuten erreichen wir die weitläufigen Bergwiesen der verfallenen Hochalm. Abstieg wie Aufstieg!
Anreise // Von München auf die A8, Ausfahrt Holzkirchen. Über Bad Tölz und vorbei an Lenggries zum Sylvenstein-Speichersee. Am Speichersee links Richtung Achensee und nach 3,8 km kommt links der große Parkplatz.
Parkplatz // Wanderparkplatz Hochalm (780 m)
Kosten // 3 Euro
Orientierung Geroldsee // In Gerold auf den großen Parkplatz. Von dort in nördlicher Richtung der Straße folgen. Am Bauernhof links und weiter auf der Fahrstraße, bis diese am letzten Haus endet. Dort dem Wegweiser zum Geroldsee rechts folgen. Auf dem breiten Weg am Ufer des Geroldsees entlang. Wer Lust und Kondition hat, kann dem Weg weiter zum Barmsee folgen.
Anreise // Von München über die Garmischer Autobahn (A95) nach Garmisch und weiter auf der Bundesstraße 2 bis zur Ausfahrt Gerold. Dort links auf den Parkplatz.
Parkplatz // Gerold.
Kosten // 5 Euro.
Anreise Öffentlich // Von München mit dem Zug nach Garmisch. Von dort mit dem Bus der Linie 9608 und 9616 zur Bushaltestelle Gerold.
Ausrüstung // Wanderschuhe, Brotzeit, Stöcke, Kamera.
Beste Jahreszeit // Mai bis November.
TIPP // Wer die Herbststimmung am Geroldsee in seiner schönsten Pracht erleben oder fotografieren möchte, sollte den Sonnenaufgang mit seinem goldenen Licht abwarten. Wenn früh morgens im Oktober zusätzlich Nebelschwaden umherziehen, entsteht eine wunderschöne mystische Stimmung!