ANZEIGE

Klassik Radio App für Klassik und Filmmusik

München und seine Viertel: „Das alpine Flair verbindet“

Mittendrin: An einem der schönsten Orte in der historischen Altstadt, im liebevoll restaurier-ten Gewölbe der herzoglichen Mühle von 1573, ist das Restaurant Pfistermühle beheimatet. (www.pfistermuehle.de)Mittendrin: An einem der schönsten Orte in der historischen Altstadt, im liebevoll restaurierten Gewölbe der herzoglichen Mühle von 1573, ist das Restaurant Pfistermühle beheimatet. (www.pfistermuehle.de) © Foto: Platzl Hotel Inselkammer KG/Marco Debus

München hütet in jedem Stadtviertel verborgene Schätze. ALPS hat sechs Persönlichkeiten zum Austausch über die einzigartige Stadt gebeten, in der sie leben und arbeiten. Ein Gespräch über Viertel-Liebe, Brezen, Mundart, Trachten und die Nähe zu den Bergen …

Text: Sandra Michel. Fotos: Stefan Pabst

Mitten in München, nachmittags um 15 Uhr am Platzl. Wie üblich an einem Werktag herrscht in den Gassen der Altstadt gemütlicher Trubel, Geschäftsleute scheinen es weniger eilig zu haben als eben noch auf der Hauptstraße, Besucherinnen und Besucher der Stadt schlendern mit Einkaufstaschen in der Hand am Platzl Hotel vorbei. Vor dem Fenster des hauseigenen Restaurants Pfistermühle steht ein Kran: Geschäftsführer Peter Inselkammer lässt neue Suiten errichten, damit Gäste es künftig noch komfortabler haben, im Herzen der Stadt zu nächtigen. Die Lage zwischen Rathaus und Oper macht das Lokal zum idealen Treffpunkt für ein Gespräch über eine Stadt, die sich virtuos zwischen Tradition und Erfindungsreichtum bewegt. Schaumwein aus der Obstsorte Champagner Bratbirne steht zum Anstoßen bereit, dazu werden Brioche mit Avocado, Käse und Schinken sowie Petit Fours gereicht – alles hausgemacht in der Küche der Pfistermühle.

ALPS: Herr Inselkammer, als Geschäftsführer des Hotels am Platzl sind Sie beruflich täglich in der Altstadt unterwegs. Wo gehen Sie privat gern hin?
Peter Inselkammer: Ich mag den Katzlmacher in der Bräuhausstraße, das ist ein nettes italienisches Lokal. Wenn ich ausgehe und Lust auf ein bisschen Gaudi habe, gehe ich gern zum Jodler Wirt. Das ist sicher nicht jedermanns Geschmack, aber witzig.
Wolfgang Hingerl: Da kann man gut mit Bekannten und Freunden hingehen, die nicht aus München kommen.

Sie lachen beide. Verraten Sie uns, warum?
Peter Inselkammer: Denken Sie an eine Après-Ski-Hütte.
Wolfgang Hingerl: Erst mal geht es zwei, drei Stockwerke runter . . .
Peter Inselkammer: . . . in den Untergrund. Es handelt sich aber nicht um einen Club für junge Menschen, die Atmosphäre ist sehr entspannt und geeignet für Leute jeden Alters.
Wolfgang Hingerl: Ich finde das Lokal auch sehr sympathisch.

Erleben Sie das häufig in München, dass sich Menschen unterschiedlicher Altersgruppen und Hintergründe mischen?
Carolin Engelhardt: In Schwabing, wo mein Atelier liegt und wo ich wohne, ist das ganz bestimmt so. Und das ist es auch, was ich an der ganzen Stadt so schätze, dass die Leute nicht unter sich bleiben.
Laura Schieferle: Im Sommer erlebt man das am besten in den Biergärten: Vom Baby bis zur Uroma sind dort alle Generationen versammelt. Ich komme selbst aus Stuttgart, habe zwei Jahre in England gelebt und dort die Pubkultur kennen gelernt, wo das Publikum ebenfalls bunt gemischt ist. In den Münchner Biergärten habe ich diese besondere Atmosphäre wiedergefunden. Man rückt zusammen, setzt sich zu Fremden an den Tisch oder kommt ins Gespräch, während man ansteht, um ein Bier zu kaufen. Das ist einzigartig.

Haben Sie einen Lieblingsbiergarten?
Laura Schieferle: Da gibt es so viele, ich muss mal überlegen.
Carolin Engelhardt: Meiner ist kein Insider-Tipp, sondern bei jedermann beliebt: Ich finde das Seehaus im Englischen Garten am Kleinhesseloher See fantastisch.
Peter Inselkammer: Das ist ein toller Biergarten, ebenso der Chinesische Turm. Diese Biergärten mitten im Englischen Garten haben eine unglaublich privilegierte Lage.
Wolfgang Hingerl: Das stimmt, aber ich finde auch, dass gutes Essen und Trinken auf besondere Art und Weise verbinden. So kommt eine zwanglose Stimmung auf. Wie im Wirtshaus, nur eben in der sommerlichen Erweiterung. Es gibt in München sehr viele schöne Biergärten – auch in der traditionellen Variante, wo man sein eigenes Essen mitbringen darf.

Sie sind Gastronom. Nehmen Sie Ihre eigene Brotzeit mit in den Biergarten?
Wolfgang Hingerl: Ich nehme mir sehr viel Zeit für meine Gäste und zu wenig für mich selbst. Daher komme ich in der Regel pünktlich, aber ohne Brotzeit. Das ist ja gerade das Schöne, wie unkompliziert die Biergartenkultur funktioniert. Mir ist lieber, dass alle kommen und nicht jemand daheim bleibt, der denkt, er hätte etwas vorbereiten müssen.
Claudia Pichler: Ich bin eine ganz schlechte Selbst-Mitbringerin. Ich finde es bewundernswert, dass manche Leute ihren halben Hausstand auf dem Tisch ausbreiten. Ich gehe sogar ohne Brotzeit zum Kocherlball, wo man schon um fünf Uhr in der Früh da sein muss, um einen Platz zu ergattern. Meistens mache ich durch und gehe gar nicht erst nach Hause vorher.
Peter Inselkammer: Sauber!
Claudia Pichler: Aber ich musste dort noch nie hungern, weil die Leute wahnsinnig viel zu essen mitbringen. Die haben meistens eh zu viel dabei.
Wolfgang Hingerl: Was ich gern mache: Ich bringe eine Tischdecke und ein bisschen Deko für den Tisch mit. So wird ein Biergartentisch ganz individuell – jeder, wie er mag und wie er kann.

„Jeder wie er mag” – gilt das auch für die Tracht, Frau Engelhardt?
Carolin Engelhardt: Egal, welche Kleidergröße eine Frau trägt, die beste Figur macht sie im Dirndl. So bin ich auch zu meiner Dirndl Manufaktur gekommen. Als ich mir zum 30. Geburtstag eine Tracht ausgesucht habe, war es um mich geschehen. Danach fing ich an, Skizzen anzufertigen und habe darüber nachgedacht, was für mich München ausmacht. Meine Stoffe werden mit Münchner Wahrzeichen wie den Alpen oder der Frauenkirche bedruckt – anhand eines Verfahrens, das ich mit einer Münchner Illustratorin zusammen entwickelt habe. Ich finde, Tracht ist eine unfassbar schöne Kleidung für jede Frau.
Claudia Pichler: Wenn ein Dirndl gut sitzt, zieht man es an und muss sich über nichts mehr Gedanken machen.
Peter Inselkammer: Aber da fehlen ja noch Schuhe, eine Handtasche, der Haarreif, Ohrringe und Kette.
Claudia Pichler: Das sind die Accessoires.
Peter Inselkammer: Ach so. Entschuldigung.

Wie viele Dirndl besitzen Sie, Frau Engelhardt?
Carolin Engelhardt: Zwei.

Reicht das denn?
Carolin Engelhardt: Im Grunde brauchen Sie nur eines.
Peter Inselkammer: Das muss ich gleich meiner Frau erzählen.

Steht denn Tracht für München? Es handelt sich ja um eine Tradition, die in sehr vielen alpinen Regionen zu Hause ist.
Carolin Engelhardt: Einer der Höhepunkte im Jahr ist für mich der Einzug der Wiesnwirte als Auftakt des Oktoberfests. Die Trachten, die die Wirtinnen und Wirte tragen, zeigen höchste Handwerkskunst. Es gibt heute nur noch wenige Schneidereien, etwa am Tegernsee oder am Schliersee, die sich darauf verstehen. Die beliefern hauptsächlich die Trachtenvereine, mit einem viel traditionelleren Fokus als ich ihn habe. Tracht ist in erster Linie meine Leidenschaft und das, was mich mit München verbindet. Mit meinen Münchner Dirndl möchte ich ein Zeichen für Nachhaltigkeit setzen, produziere sie mit Material aus Deutschland und Österreich und lasse sie von Hand in Nürnberg nähen.
Laura Schieferle: Tracht funktioniert in München auch unabhängig vom Oktoberfest – wenn ich eine Frau im Dirndl auf der Straße sehe, gehört das für mich zum Stadtbild einfach dazu.

Tragen Sie im Alltag Tracht?
Laura Schieferle: Dadurch, dass ich gebürtig nicht aus Bayern komme, würde es sich komisch anfühlen, wenn ich etwa im Dirndl zur Arbeit ginge.

Wie ist das bei Ihnen, Herr Inselkammer und Herr Hingerl?
Peter Inselkammer: Für mich gehört eine Lederhose zum Alltag.
Wolfgang Hingerl: Ab Mai die Kurze.
Carolin Engelhardt: Eigentlich sollte ich im Dirndl hier sitzen. Aber dadurch, dass ich alle Wege in der Stadt mit dem Radl zurücklege, ging das nicht. Auch das macht für mich München aus: Es ist eine Stadt, in der du dich komplett mit dem Rad fortbewegen kannst.
Claudia Pichler: Beruflich würde ich kein Dirndl anziehen. Außer, ich stelle auf dem Oktoberfest den Wiesnkrug vor.
Peter Inselkammer: Da haben wir Glück gehabt!

Ihr Ausdruck der Tradition ist ja auch eher die Sprache. Sie gelten sogar als Fachfrau für alles Bayerische . . .
Claudia Pichler: Im Rahmen einer Comedy-Sendung beim Bayerischen Fernsehen, ja. Vom Freistaat Bayern habe ich sogar einen Dialektpreis erhalten.
Peter Inselkammer: Glückwunsch!

Was muss man dafür tun?
Claudia Pichler: Dialekt reden. Am besten immer den gleichen. Im Ernst, das ist ein spannendes Thema, denn ich spreche sehr durchmischt. In München gibt es zum Beispiel das feine Münchnerisch. Ich spreche etwas gröber, und zudem schnappe ich immer wieder Ausdrücke auf, etwa aus Niederbayern … Den Dialektpreis erhalten jedenfalls Menschen, die sich für Dialekt einsetzen oder ihn als öffentliche Persönlichkeiten sprechen.

Wie präsent ist Dialekt in München heute?
Claudia Pichler: Inzwischen achte ich nicht mehr so stark darauf. Aber als ich in Pasing auf das Gymnasium ging, war ich die Einzige meines Jahrgangs, die Dialekt sprechen konnte. Ich habe das aber nie gemacht, sondern bin zu Hochdeutsch gewechselt, um nicht ausgelacht zu werden. Das hat sich inzwischen geändert. Man weiß zum Beispiel, dass Menschen, die mit einem Dialekt aufwachsen, mehr Sprachreichtum und Wortschatz zur Verfügung haben.

Was glauben Sie, ist das Bairische auf dem Rückzug?
Claudia Pichler: Ja, das glaube ich. Ich kenne zum Beispiel noch Wörter, die meine Oma noch benutzt hat. Ich weiß, was sie bedeuten, aber ich benutze sie nicht mehr.
Wolfgang Hingerl: Auf dem Land ist das anders, ich habe noch viel Kontakt zu Freunden und Familie . . .
Claudia Pichler: Hast du den Kontakt nicht abgebrochen?
Wolfgang Hingerl: Nein! Die aber auch nicht.
Claudia Pichler: Eine Freundin von mir stammt aus Hessen und möchte unbedingt Bairisch lernen, kann es aber überhaupt nicht. Als sie sich beruflich mit einem Münchner Kollegen verabreden wollte, fragte sie ihn, wann er denn käme. Er sagte: „Ja, um fünfe, schatz i!“ Und sie hat gemeint, er hat „Schatzi“ zu ihr gesagt. Da hat sie sich gefreut, dabei hat er es gar nicht so lieb gemeint . . .

Findet in den Stadtvierteln noch eine andere Art von Kommunikation statt, die verbindet?
Carolin Engelhardt: In Schwabing kommt es gar nicht so auf den Dialekt an, denn hier leben Studierende aus aller Welt. Schwabing hat für mich ohnehin alles, was ich brauche. Es gibt hier eine Top-Infrastruktur, vom Supermarkt bis zum Arzt. Das verbindet – auch räumlich wie menschlich. Obendrein bin ich in 20 Minuten zu Fuß in der Innenstadt.
Claudia Pichler: Das ist ein wichtiger Punkt, dass die Viertel ein Eigenleben haben. Haidhausen fühlt sich zum Teil wie ein Dorf an.
Wolfgang Hingerl: Die Viertel sind alle sehr einladend. Es macht Spaß, sich draußen aufzuhalten.

München sei ein Dorf, heißt es oft über die Stadt. Sie scheinen das eher positiv zu sehen.
Wolfgang Hingerl: München kommt vielleicht ein bisschen gemütlich daher, hat aber definitiv eine junge, sehr dynamische Ader. Die Stadt hat alles, was eine Weltstadt braucht, aber sie hat es nicht nötig, damit anzugeben.
Laura Schieferle: Für die Kultur gilt eindeutig: Wir bewegen uns auf Weltniveau! Ob es um die bildende Kunst geht, um das Theater oder um die freie Szene. Was Wolfgang sagt, stimmt aber auch: Dass wir hier so viel Zeit draußen verbringen und viel mit dem Fahrrad fahren, weil es eben schön ist, das verbindet die Menschen wortwörtlich miteinander. Sobald ich das Haus verlasse, treffe ich jemanden, aus der Nachbarschaft oder andere Eltern zum Beispiel. München ist überhaupt nicht anonym. Bei der Größe der Stadt finde ich das bemerkenswert.
Wolfgang Hingerl: Es passiert immer wieder etwas in Vierteln, die ein paar Jahre geschlafen haben. Aktuell beobachte ich das im Glockenbachviertel. In den vergangenen fünf, sechs Jahren war ich kaum dort, es hat mich nicht so interessiert. Jetzt haben sich ein paar richtig schöne, junge Gastrolokale etabliert. Es ist bunt geworden.

Julius Brantner kommt zur Tür herein.

Julius Brantner: Servus! Sorry für meine Verspätung!

Wie innovativ ist die Münchner Gastroszene?
Wolfgang Hingerl: Ich selbst mag das Traditionelle verknüpft mit einem modernen Anspruch. Man kann in einem Gasthaus nicht alles so machen wie vor 30 oder 40 Jahren. Aber es sollte Werte geben, und das sind für mich Qualität und Handwerk. Aber eigentlich ist Ihre Frage perfekt für Julius geeignet, der meine Lokale mit Brot beliefert.
Julius Brantner: Für mich ist das Schöne in München, dass es traditionell cool ist. Außerdem gibt es hier so innovative Konzepte, die würden genauso in London oder Paris funktionieren. Dort würde mir aber etwas fehlen: Die Brotregale sind einfach zu klein! Für mich ist Brot ein Grundnahrungsmittel. Deshalb möchte ich eine klassische Bäckerei betreiben, die einen coolen Style hat.

Sie verkaufen Brezeln.
Julius Brantner: Richtig.

Keine Brezen? Wieso das?
Julius Brantner: Seit ich auf der Welt bin, heißt es für mich Brezel.
Wolfgang Hingerl: Eine schwäbische Brezel hat einen anderen Teig und eine andere Form als eine bayerische Breze.
Julius Brantner: Die schwäbische Brezel wird eingeschnitten, in den Schnitt kommt das Salz. Sie hat einen dicken Bauch und dünne Arme. Allerdings schmeckt mir der Teig einer bayerischen Breze besser. Da ich nur das Wort Brezel in meinem Wortschatz habe und die schwäbische Form schöner finde als die bayerische, gibt es bei mir schwäbische Brezeln aus bayerischem Teig.
Peter Inselkammer: Dann ist das so eine Zwitter-Breze.
Wolfgang Hingerl: Die Völkerverständigungs-Brezel.

Gibt es Kundinnen und Kunden, denen das Gebäck nicht traditionell genug ist?
Julius Brantner: Ja. Anfangs explodierte unser E-Mail-Postfach beinahe, denn die Leute schrieben uns: Ihr habt einen Rechtschreibfehler gemacht. Wir waren lange damit beschäftigt, den Leuten zu erklären, warum das bei uns Brezel heißt. Andererseits kommen viele ältere Menschen zu mir und sagen: „Herr Brantner, Ihr Brot schmeckt wie früher!“ Dann sage ich: „Danke für das Kompliment. Ich kann das aber nicht beurteilen, weil ich nicht so alt bin wie Sie.“ Wie dem auch sei: Je bunter eine Stadt ist, desto cooler und lebenswerter ist sie.
Peter Inselkammer: Das Hackenviertel, wo eine Ihrer Backstuben liegt, finde ich sehr charmant.
Wolfgang Hingerl: Auch Richtung Sendlinger Tor, bei den Asamhöfen ums Eck, gibt es viele kleine Läden, die man sonst nirgends mehr findet.
Peter Inselkammer: Weil sie inhabergeführt sind.
Carolin Engelhardt: Ja, hoffentlich bleiben die!
Peter Inselkammer: An dem Punkt muss ich sagen: Als Einwohner und Bürger der Stadt müssen wir bei den kleinen Läden einkaufen, wenn wir wollen, dass sie bestehen bleiben. Wir können nicht sagen: Sollen die Touristen da kaufen und ich fahre zum Discounter.
Wolfgang Hingerl: Oder das Buch hätte ich gern heute. Bis morgen kann ich nicht warten! Und dann klicke ich auf kaufen.
Claudia Pichler: Das ist in der Kultur ähnlich. Über die Lach- und Schießgesellschaft heißt es oft: Die darf nicht sterben. Das sagen aber Leute, die zu Zeiten von Dieter Hildebrandt das letzte Mal da waren. Der ist bereits 2013 verstorben. Wenn man kulturelle Vielfalt haben will, muss man sie unterstützen und auch zu kleineren Veranstaltungen gehen. Es gibt kaum etwas, das besser unterhält als ein Kleinkunstabend. Bei den Auftritten gibt es Essen und Trinken und man kann mit Freunden hingehen.

Welche Bühnen empfehlen Sie?
Claudia Pichler: Das Schwabinger Vereinsheim, das Lustspielhaus direkt daneben oder den Schlachthof, wo viele Comedy-Größen auftreten. Klassische Kleinstkunstbühnen sind etwa die Drehleier, Heppel & Ettlich oder das Fraunhofer.
Wolfgang Hingerl: Also ich hätte jetzt einfach Lust, München als Tourist zu besuchen.
Apropos Tourismus – wie alpin ist München?
Peter Inselkammer: Der Bezug zu den Bergen ist sehr stark. Das sagen jedenfalls viele Leute: Sie leben hier, weil sie schnell in die Berge kommen.
Wolfgang Hingerl: Und zu den Seen.
Peter Inselkammer: Letztes Jahr haben wir mit Freunden eine dreitägige Tour im Karwendel gemacht. Das war wunderschön, wir haben’s gut erwischt, das Wetter hat gepasst. Auch im Chiemgau waren wir . . . wie hieß noch gleich der Gipfel?
Wolfgang Hingerl: Herzogstand?
Peter Inselkammer: Mir fällt es schon noch ein!

Es gibt so viele!

Peter Inselkammer: Genau. Das schätze ich sehr, gerade weil ich hier aufgewachsen bin.

Der Deutsche Alpenverein hat in München seinen Hauptsitz, Sport Schuster als traditionsreiches Sportbekleidungsgeschäft liegt mitten in der Innenstadt . . .
Wolfgang Hingerl: Beim Schuster beeindruckt mich die Leidenschaft der Mitarbeitenden. Gefühlt betreibt jeder dort selbst Sport. Das finde ich cool, auch wenn ich bei Weitem nicht so fit bin wie die Herrschaften, die mir da zur Seite stehen.
Claudia Pichler: Aber wenn du da einkaufst, ist es schon mal der erste Schritt.
Peter Inselkammer: Jetzt fällt es mir wieder ein: Kampenwand.
Claudia Pichler: Es ist ein echt münchnerisches Phänomen: Jedes Mal, wenn ich auf dem Gipfel stehe, denke ich: Warum mache ich das nicht öfter? Aber dann vergehen wieder Wochen und Monate.
Carolin Engelhardt: Ich beobachte das Gegenteil. In Schwabing haben wir eine extrem angespannte Parkplatzsituation. Außer freitags um 17 Uhr, da ist überall was frei. Da merkst du erst mal, wie viele Menschen gleich nach der Arbeit rausfahren.
Das entschädigt vielleicht ein bisschen für den knappen, teuren Wohnraum.
Carolin Engelhardt: In Schwabing haben wir keinen eigenen Garten. Es gibt zwar den Luitpoldpark, den Englischen Garten und den Stadtfriedhof. Aber der größte Luxus ist für mich, dass ich mit der Regionalbahn in einer guten Stunde in Bayrischzell bin.
Julius Brantner: Wenn ich morgens in der Backstube stehe und sehe, wie die Sonne aufgeht . . .

. . . Sie sehen von Ihrer Backstube aus die Berge?
Julius Brantner: Von der Backstube in der Nordendstraße aus, ja. Dann erinnert mich das immer ein bisschen an den Schwarzwald. Bloß, dass der nicht so schön ist wie mein Arbeitsplatz.
Wolfgang Hingerl: Ich bin oft in der Pfalz, da gibt es ganz tolle Weingüter, und manchmal denke ich, dass ich gern dort leben würde. Aber dann frage ich mich: Wo sind die Seen und die Berge? Auch das macht München für mich so lebenswert: Wenn man möchte, kann man die Stadt schnell hinter sich lassen – um sie hinterher wieder umso mehr wertzuschätzen.

Gesprächsrunde: In der „Backstube“ der Pfistermühle sprechen die Viertel-Botschafter Münchens Carolin Engelhardt, Wolfgang Hingerl, Laura Schie-ferle (o. v. l. n. r.) und Claudia Pichler (u. l.) mit Gastgeber Peter Inselkammer und ALPS Autorin Sandra Michel über die bunte Vielfalt der Münchner Stadtviertel. (www.muenchen.travel)
Gesprächsrunde: In der „Backstube“ der Pfistermühle sprechen die Viertel-Botschafter Münchens Carolin Engelhardt, Wolfgang Hingerl, Laura Schieferle (o. v. l. n. r.) und Claudia Pichler (u. l.) mit Gastgeber Peter Inselkammer und ALPS Autorin Sandra Michel über die bunte Vielfalt der Münchner Stadtviertel. (www.muenchen.travel)

„Das ist ein wichtiger Punkt, dass die Viertel ein Eigenleben haben.“

Laura Schieferle

Jahrgang 1979, Geschäftsstellenleitung des Kunstareals.

Mein Viertel: Maxvorstadt
Hier ist München schön trubelig: In der Altstadt.
… und hier komme ich zur Ruhe: Nach Feierabend an der Isar. Da ist auch immer was los, aber ich mag es nicht so, wenn es ganz ruhig ist.
Ein Stück Alpen in München finde ich hier: Ich spüre die Berge auch dann, wenn ich sie nicht sehen kann. Das ist in München aber häufig der Fall.
Ein Tipp für Touristen: Die Sammlung des Blauen Reiter im Lenbachhaus ist weltweit einzigartig. (1, 2)
… und einer für Insider: Viele Münchnerinnen und Münchner kennen das Ägyptische Museum nicht. Sie wissen auch nicht, dass es sich um ein Kunstmuseum handelt. Die Ausstellungsräume liegen komplett unter der Erde, Tageslicht fällt durch ein versenktes Atrium herein. Ein wahres Juwel! (3, 4)

Wolfgang Hingerl

Jahrgang 1990, Gastronom – restaurant Mural, Bar Mural, Bambule! Bar, Mural Farmhouse.

Mein Viertel: Sendling-Westpark.
Hier ist München schön trubelig: Im Westpark – vor allem im Sommer, wenn gegrillt wird, Kinder auf Stelzen rumlaufen und man den Biergarten besuchen kann. (1)
… und hier komme ich zur Ruhe: Ich mag die Theresienwiese, wenn dort nichts los ist – im Herbst nach der Wiesn, im Winter und im zeitigen Frühjahr. Dort gehe ich häufig spazieren. (2)
Ein Stück Alpen in München finde ich hier: Auf der Dachterrasse meines Restaurants, dem Mural Farmhouse, da haben wir nämlich eine echte Ski-Gondel aus den 1960ern aufgestellt. (3, © Foto: Mural Farmhouse Rooftop/Jie Lu)
Ein Tipp für Touristen: Weißwurstessen beim Wallner in der Gaststätte Großmarkthalle. Das geht morgens um sechs Uhr los. Und die Menschen, die dort bedienen, sind echte Münchner Originale. (4)

Julius Brantner

Jahrgang 1991, Gründer der Bio- Bäckerei Julius Brantner Brothandwerk

Mein Viertel: Maxvorstadt.
Hier ist München schön trubelig: In der Türkenstraße ist am Wochenende immer etwas los.
… und hier komme ich zur Ruhe: Bei einem Spaziergang auf dem Nordfriedhof. Dort ist es ruhig und im Sommer schön schattig. (1)
Ein Stück Alpen in München finde ich hier: In einem der
zahlreichen Biergärten der Stadt. Dort fühle ich mich immer wie auf einer Berghütte, wenn ich auf schlichten Bänken auf Kies sitze und mir mein Bier selbst holen kann. (2)
Ein Tipp für Touristen: Ich empfehle definitiv einen Besuch des Viktualienmarkts (3) und des Englischen Gartens. (4)
… und einer für Insider: Ich bin nach fünf Jahren in München selbst noch relativ neu in der Stadt und entdecke sie nach und nach.

Claudia Pichler

Jahrgang 1985, Kabarettistin.

Mein Viertel: Haidhausen.
Hier ist München schön trubelig: Am Wiener Platz mit seinen Fisch- und Gemüseständen trinke ich gern Kaffee. Sobald es warm wird, ist es dort voll und richtig trubelig. (1)
… und hier komme ich zur Ruhe: Eigentlich überall an der Isar, vom Stauwehr in Unterföhring bis zur Tierparkbrücke im Süden.
Ein Stück Alpen in München finde ich hier: Am Kriechbaumhof in Haidhausen. (2)
Ein Tipp für Touristen: Das Vereinsheim – vor allem „Blickpunkt Spot“. Wer sich inspirieren lassen oder neue Gesichter aus Kabarett und Comedy sehen will, ist dort genau richtig. (3)
… und einer für Insider: Das Boxwerk in der Maxvorstadt, wo man Boxen, aber auch kulturelle Veranstaltungen besuchen kann, wie etwa die Jazzabende einmal im Monat. (4)

Peter Inselkammer

Jahrgang 1970, Unternehmer, Gastronom und Leitung des Platzl Hotels.

Mein Viertel: Die Graggenau in der Altstadt, zwischen Dienerstraße, Tal und Altstadtring.
Hier ist München schön trubelig: Am Platzl geht es im Sommer zu wie auf einer italienischen Piazza. Besonders während der Opernfestspiele wird die Straße zum Laufsteg, wenn die Damen mit ihren festlichen Roben Richtung Oper gehen. (1)
… und hier komme ich zur Ruhe: Im Kabinettsgarten bei der Allerheiligen-Hofkirche. (2)
Ein Stück Alpen in München finde ich hier: An der Isar, denn sie entspringt im Karwendel und bringt die Berge in die Stadt. (3)
Ein Tipp für Touristen und Insider: An den Löwen in der Residenzstraße kann ich nicht vorbeigehen, ohne die Schnauze am unteren Ende des Schilds zu streicheln. Das soll Glück bringen – und macht mich glücklich. (4)

Carolin Engelhardt

Jahrgang 1969, Gründerin und Creative Director Münchner Dirndl Manufaktur.

Mein Viertel: Schwabing.
Hier ist München schön trubelig: An der Münchner Freiheit (1)
… und hier komme ich zur Ruhe: Ein absoluter Geheimtipp ist der Dichtergarten, eine herrlich verwunschene grüne Oase an der Galeriestraße zwischen Hofgarten und Englischem Garten. (2)
Ein Stück Alpen in München finde ich hier: Im Olympiagarten (3) scheinen die Berge zum Greifen nah. Ich selbst fahre jedes Wochenende an den Schliersee, genieße den Tapetenwechsel – sei es zum Radlfahren, Wandern oder Skifahren. (4)
Ein Tipp für Touristen und Insider zugleich: Vereinbaren Sie einen Termin in meinem Showroom der Münchner Dirndl Manufaktur. Sie werden persönlich und exklusiv von mir bedient, da ich keine regulären Ladenöffnungszeiten habe.

Bayerische G’miatlichkeit und Moderne vereint das Traditionshotel Platzl nahe dem Marienplatz.
Bayerische G’miatlichkeit und Moderne vereint das Traditionshotel Platzl nahe dem Marienplatz.
Im Restaurant Pfistermühle im Platzl Hotel wird bayerische Küche neu interpretiert.
Und im Restaurant Pfistermühle im Platzl Hotel wird bayerische Küche neu interpretiert.