Extreme Schneesituation zwangen mich schon öfters auf die Piste. Bei hohen Lawinenwarnstufen zum Beispiel. Doch unser heutiges Problem ist ein anders Extrem: Längere Schneepausen lassen die Berghänge ergrünen und die wichtige Grundlage schmelzen. Was also tun, wenn der Winter nicht so recht in Fahrt kommt, jedoch wir Tourengeher unserer Leidenschaft fernab der Skigebiete nachgehen wollen? Auch wenn vielen die Antwort nicht gefällt: Ab auf die Piste! Im richtigen Skigebiet lässt sich durchaus ein schöner Skitourentag erleben. Wie das geht? Lest selbst …
Längere Trockenperioden machen uns Tourengehern immer wieder zu schaffen. Die Klimaerwähnung ist zu jeder Jahreszeit spürbar. Vor allem der Winter ist unberechenbar geworden. Dieses Jahr ist es mal wieder eine richtige Geduldsprobe. Anfang Februar ist statistisch gesehen die Hochsaison des Winters … Möchte man zumindest meinen. Powdern ohne Steinkontakt? Träum weiter.
Doch verzweifeln sollte man auch in schneearmen Zeiten nicht. Denn zwischen den nervenaufreibenden On-Off-Phasen des unzuverlässigen Winters gibt es noch eine Option, die viele Tourengeher vermeiden, die, wenn man sich damit auseinandersetzt, jedoch gar nicht so unattraktiv erscheint. Die naheliegendste Lösung für das Schneeproblem: Skipisten! In den Bergregionen gibt es sie überall und erfreuen sich bei Tourengehern, vor allem bei Anfängern großer Beliebtheit. Vorteil eines Skigebietes: präparierte Pisten, Schneesicherheit, gute Anbindung etc.
Auch wenn der leidenschaftliche Skitourengeher auf Tour genau das Gegenteil sucht: Gegenüber Abgeschiedenheit, Ruhe, Einsamkeit und unverspurter Hänge sind Skigebiete mit ausgeschilderten Skitourenrouten eine gute Alternative zum Üben oder im Training zu bleiben.
Unsere heutige Pistentour startet bei frühlingshaften Temperaturen im Skigebiet Rosshütte in Seefeld in Tirol auf 1.200 Metern. Schneesorgen brauchen wir uns zum Glück keine machen! Da der Großteil der Pisten über 1.500 Meter liegt, ist das Skigebiet ausreichend mit Neuschnee versorgt und die Talfahrt praktisch immer möglich.
Sollte die weiße Pracht dennoch ausbleiben, helfen Schneekanonen nach. Durch die Höhe des Ausgangspunktes ist die Schneesicherheit die ganze Wintersaison über gewährleistet. Ein weiterer Pluspunkt ist die südwestliche Lage. Ideal für Sonnenanbeter, die sich in der dunklen Jahreszeit nach Licht und Wärme sehnen! Das Gelände des Skigebietes bietet also ideale Voraussetzungen, um als Tourengeher auf seine Kosten zu kommen. Apropos Kosten: Der Tourengeher-Parkplatz ist in Seefeld gratis!
Mit einer Differenz von 900 Höhenmetern ist die Tour aufs Seefelder Joch (2.060 m) sowohl für Anfänger mit wenig Kondition, als auch für leistungsorientierte Sportler geeignet. Für letztere gibt es zudem die Option, einen richtigen Gipfel mitzunehmen: Die Seefelder Spitze (2.221 m). Sie wird über freies Gelände erreicht und sollte aber nur bei sicheren Verhältnissen bestiegen werden.
Oft ist der Grat hinüber zum Gipfel abgeblasen und eisig. Auf Wechten muss ebenfalls geachtet werden. Passen die Verhältnisse, steht einer wunderschönen Gratüberschreitung nichts im Weg. Wir behalten diese Option auf jeden Fall im Hinterkopf.
Wir laufen vom unteren Tourenparkplatz ca. fünf Minuten hinauf zur Talstation, dem Start unserer Tour. Von dort gibt es zwei Aufstiegsvarianten: Entweder über einen langen, sehr flachen Forstweg, der bis zur Hälfte des Skigebietes geht oder man läuft von Anfang an über die Piste. Wir entscheiden uns für die zweite, etwas steilere Variante.
Die ersten Höhenmeter sind auch hier relativ flach, perfekt zum Eingehen! So entspannt ist allerdings nur das erste Drittel der Tour. Nachdem wir den langen Ziehweg hinter uns gelassen haben, weitet sich der Blick und es eröffnen sich vor uns die sonnendurchfluteten freien Hänge der Skiarena. Das Seefelder Joch, der Grat und unser Gipfel erscheint vor uns zum Greifen nah.
Der Frühling im Tal hat sich nun verabschiedet. Hier macht sich die Höhe bemerkbar und wir sind überrascht, wie viel Schnee hier auf einmal liegt. Richtig winterlich! Was ebenfalls mit der Höhe zunimmt, ist der Wind. Er hat auf den breiten Pisten eine größere Angriffsfläche und bläst uns kräftig um die Ohren. Schneefahnen am Grat und Gipfel lassen eine hohe Windstärke erahnen. Bei so einem Sturm ist eine Besteigung der Seefelder Spitze gefährlich!
Ab jetzt wird das Gelände steiler. Nach dem letzten anstrengenden Stück hinauf zur bewirtschafteten Rosshütte haben wir über die Hälfte der Strecke hinter uns. Nach einer kurzen Verschnaufpause gehts weiter hinauf zum Sessellift. Hier gewinnen wir richtig an Höhe.
Wenn es die Schneeverhältnisse zulassen, gibt es sogar eine Aufstiegsspur neben dem präferierten Gipfelhang und man kann dem Trubel für kurze Zeit entfliehen. Das wollen wir ausprobieren. Dazu halten wir uns rechts. Am Lifthäuschen führt eine Skitourenspur hinein ins freie Gelände.
Doch die verheißungsvolle Spur endet vor einer Holzbank mit Kicker. Ein super Brotzeitplatz, doch daran denke ich in diesem Moment nicht. Im Hintergrund erheben sich schroffe Berge und eine weißverschneite Winterlandschaft … Die perfekte Kulisse für ein kleines Fotoshooting. Wir haben wohl denselben Gedanken. Mein Kumpel Axel zögert nicht lange. Kurz wird die Landung gecheckt, bevor er mit ordentlich Speed und Style über die Kante fliegt. Allein für das Foto hat sich der Abstecher gelohnt!
Nach dem erfolgreichen Shooting sind wir wieder zurück auf der Piste und kämpfen uns gegen den Wind die letzten 50 Höhenmeter hinauf zum Seefelder Joch. Kurz vor dem Skigebietsgipfelkreuz rutsche ich auf der spiegelglatten Eisplatte aus. Autsch! Da haben selbst die besten Felle keine Chance.
Am Holzkreuz, im tosenden Wind stehend, fällt die Entscheidung sehr leicht: Heute ist die Besteigung der Seefelder Spitze nicht drin. Im Sturm wäre das ziemlich gefährlich. Enttäuscht sind wir allerdings nicht, schließlich ist hier das Panorama mindestens genauso schön!
Wir laufen ein paar Meter hinunter zum Lifthäuschen und suchen uns ein einigermaßen windstilles Brotzeitplätzchen. Der mitgebrachte Kuchen schmeckt nach einer Anstrengung immer besonders lecker. Lange werden wir es hier oben nicht aushalten. Selbst hier an der geschützen Mauer wehen uns scharfe Schneekristalle ins Gesicht.
Ich genieße die wunderschöne Aussicht auf das tief verschneite Sellrain, die Mieminger Kette, das Karwendel und die markante Hohe Munde in vollen Zügen. Das alpine Flair macht Lust auf weitere Skitouren. Dabei ist eines sicher … Ob Piste oder Gelände: Mitten in dieser grandiosen Bergwelt gibt es keinen Grund, unzufrieden zu sein!
Ausrichtung // Süd/West Skitour 2 – 2,5 Stunden 900 Höhenmeter, 4,4 Kilometer
Art // Skitour
Schwierigkeit // Leicht
Orientierung // Vom Tourengeherparkplatz hinauf zur Talstation des Skigebietes (5 min). Von dort entweder über die Pisten oder über den flachen Forstweg zuerst zur bewirtschafteten Rosshütte, bevor der letzte steile Gipfelhang hinauf zum Seefelder Joch in Angriff genommen wird. Wer möchte, kann bei guten Verhältnissen über den Grat zum Gipfel der Seefelder Spitze aufsteigen.
Beste Jahreszeit // Den ganzen Winter über.
Einkehrmöglichkeit // Rosshütte oder Hochegg Alm.
Anreise //
Parkplatz // Kostenloser Tourengeherparkplatz unterhalb des Skigebietes, befindet sich ca. 450 Meter südlich der Talstation (beschilderte Einfahrt gegenüber BP-Tankstelle).
Kosten // –
Mit den Öffentlichen: Mit der Mittenwaldbahn zum Bahnhof Seefeld und zu Fuß in 15 Minuten zum Ausgangspunkt.
Ausrüstung // Skitourenausrüstung, LVS-Equipment und Steigeisen (falls die Seefelder Spitze bestiegen werden möchte).
TIPP // Für erfahrene Freerider: Bei sicheren! Schneeverhältnissen können von der Seefelder Spitze oder neben der Piste mehrere Abfahrtsvarianten in Erwägung gezogen werden. Dafür sollte man allerdings über sehr gute Geländekenntnisse verfügen und ausreichend alpine Erfahrung mitbringen, plus die nötige Ausrüstung!