Gelato, Pizza, Cappuccino: Mit diesen drei Wörtern ist Italien schnell erklärt. Zumindest die kulinarische Komponente. Genau deshalb zieht es uns immer wieder zum Gardasee. Die besten Eisdielen, die größten Pizzas, ein See der dem Ozean gleicht, Berge ringsum, mildes Klima. Einfach das Paradies auf Erden. Für Kletterer kommen obendrauf mit die schönsten Felsen die Italien zu bieten hat, mit einer Fülle von Routen, wie kaum anderswo. Wenn der Name Arco fällt, wissen Insider sofort Bescheid. Massone, Nago, La Gola etc. – die Auswahl ist schier endlos. Man braucht einige Jahre, um all die Routen geklettert zu sein … Also nichts wie hin!
Gardasee, Trentino, Arco: Das Klettereldorado! Zu jeder Jahreszeit pilgern seit Jahrzehnten die Felsliebhaber in das nördlich vom Gardasee liegende Städtchen Arco. Zusammen mit der Nachbargemeinde Riva del Garda bildet Arco ein zusammenhängendes Siedlungsgebiet, das stetig wächst und bei Urlaubern sehr beliebt ist.
Wer von Arco spricht, hat meistens dieses Postkartenmotiv im Kopf: Ein gelber Felsbrocken, auf dessen Haupt die verfallende Burgruine „Castello di Arco“ steht. Am Fuße der alten Festung schlängelt sich eine romantische, typisch italienische Gasse durch den malerischen Ort bis zum Hauptplatz, welche von unzähligen (Sport-)Geschäften, Eisdielen und Cafés gesäumt ist. Es ist kein Geheimnis, dass hier das weltbeste Gelato angeboten wird. Nach anstrengenden Aktivitäten wird das Kaloriendefizit in Form von zwei bis drei Eiskugeln umgehend wieder aufgefüllt.
Wer es nach den zahlreichen Versuchungen geschafft hat, bis ans Ende der langen Hauptgasse zu gelangen, betritt automatisch den großzügigen Rathausplatz. Wie aus einem Trichter ergießen sich Menschentrauben aus den schmalen Straßen in das Zentrum von Arco. Die ehemalige Residenz der Grafen von Arco, der heutige Sitz des Bürgermeisters, strahlt nach einer langwierigen Renovierungsphase in neuem Glanze.
Daneben beeindrucken die massiven Gemäuer der Stiftskirche „Collegiata di Santa Maria Assunta“ im romantisch-gotischen Stil. Das Café Trentino am Platz ist nach einer ausgedehnten Shoppingtour der ideale Ruhestop, um die herrschaftlichen Bauten auf sich wirken zu lassen. Getreu dem Motto „dolce far niente“, wird hier das italienische Flair mit einem Cappuccino aufgesogen. Auffällig sind die vollen Tüten der Kletterer, die sich jedes Jahr mit neuem Ausrüstungsmaterial eindecken.
Außer Liebhabern der Vertikalen tummeln sich in Arco auch viele Biker, die mit oder ohne E. Hin und wieder verirren sich Surfer von den mit Kieselsteinen bedeckten Badestränden des Gardasees in das Landesinnere. Arco ist seit jeher ein kultiger Begegnungsort unter Gleichgesinnten. Kein Wunder also, dass dieses idyllisch gelegene Städtchen am Fluss Sarca eine nahezu magische Anziehungskraft besitzt …
Wäre dieses lockere, italienische Lebensgefühl schon Grund genug, um hier Urlaub zu machen, locken nebenbei noch die unzähligen Möglichkeiten für Kraxelfreunde. Als Kletterer hat man in Arco täglich die Qual der Wahl. Sportklettergebiete, Mehrseillängenrouten, Boulderblöcke: Den Wünschen sind keine Grenzen gesetzt. Einer der bekanntesten Felsen befindet sich ohne Zweifel, nur zwanzig Gehminuten von Arco entfernt, im Klettergebiet Massone. „Policromuro“, so offizielle Bezeichnung, bedeutet übersetzt mehrfarbige Wand.
Der kurze Zustieg, die südöstliche Exposition, Regensicherheit, sowie die Auswahl unter ca. 160 Routen tragen seit jeher zur großen Beliebtheit und hohen Frequentierung Massones bei. Daher sind die meisten Routen entsprechend blank poliert. Dem marmorartigen Fels ist nur mit einer sehr guten Fußtechnik beizukommen und der Grund, warum die Routen dementsprechend hart bewertet sind. Reine Genussklettereien sucht man hier vergeblich.
In den mittleren Wandteil verirren sich selten Anfänger. Überhänge, so weit das Auge reicht. Die anspruchsvolle Kletterei mit überwiegend technischen, kraftigen Passagen fordern das komplexe Zusammenspiel von Muskeln, Sehnen und der mentalen Stärke. Letztere wird oft vernachlässigt oder unterschätzt. Doch das Gehirn, wie es damals die Kletterlegende Wolfgang Güllich trefflich formulierte, ist der wichtigste Muskel: „Was bringt mir der perfekt trainierte Bizeps, wenn ich zitternd am Griff hänge und meine Angst den nächsten Zug blockiert?“
Doch nicht nur die polierten Tritte und Griffe sind eine Herausforderung. An den stark überhängenden und grifflosen Felsen im Mittelteil beißen sich viele die Zähne aus. Es ist das Revier der Profis. Adam Ondra, der beste Kletterer der Welt, stattete Massone 2020 einen Besuch ab. Damals gelang ihm eine Erstbegehung im Grad 9a+, die sich aus der Kombination von Pure Dreaming (9a) und Underground (8c+) ergibt. Eine unvorstellbare Leistung, die Massone noch bekannter machte.
Doch keine Sorge, man muss nicht über Superkräfte verfügen, um hier abzuheben. Im linken und rechten Sektor befinden sich auch einfachere Routen im fünften und sechsten Schwierigkeitsgrad. Allerdings sollten auch diese Touren aufgrund ihres technischen Charakters nicht unterschätzt werden. In meinen Augen ist Massone kein allzu anfängerfreundliches Klettergebiet!
Insgesamt sind die Felsen eher Fortgeschrittenen zu empfehlen, die sich an Sinterstrukturen, Leisten und Löchern wohl fühlen. Für alle anderen sind die glatten Wände von Massone gute Lehrer, vor allem was die „Stehprobleme“ anbelangt. Denn wer sich in den steilen Routen nur mit seiner Armkraft behelfen kann, wird ohne die richtige Fußtechnik schnell den Spaß verlieren.
Das Klettergebiet ist in drei Sektoren eingeteilt:
-Sektor Basso: Im linken Wandteil sind die Anforderungen moderat und relativ anfängerfreundlich. Hier befinden sich Routen von 4a bis 6b. Der Fels besteht aus kompaktem, aber glatten Plattenkalk.
-Der Mittlere Sektor Gola ist den Könnern vorbehalten! Die teils stark überhängenden Wände sind nicht nur sehr kraftraubend, sondern auch technisch anspruchsvoll, lang, glatt und schwer. Die Skala reicht hier bis 8a, also 10- ! Die leichtesten Routen bewegen sich im Bereich 6c, 7a.
Im Rechten Wandteil Pueblo, auch Tiroler Sektor genannt, befinden sich wieder leichtere Routen. Von 5a bis 7a+ ist alles dabei. Jedoch sind die Felsen auch hier gut poliert.
Tipp: Massone ist zu den Stoßzeiten Ostern, Pfingsten, Ende Oktober und zum Rockmaster hoffnungslos überlaufen und daher zu meiden. Im Hochsommer kann aufgrund der südseitigen Exposition nur an kühlen Tagen geklettert werden. Wer flexibel ist, genießt die Klettereien am Besten unter der Woche, fernab von Feiertagen und Ferientrubel.
Klettern Exposition // Südost Ganztägig Sportklettern im Klettergarten
Ort // Arco am Gardasee/Trentino.
Absicherung // Sehr gut!
Sektoren//
-Basso: 4a bis 6b
-Gola: 6c bis 8a
-Pueblo/Tirol: 5a bis 7a+
Orientierung/Zustieg // Vom Parkplatz des Klettergebietes in 2 Minuten zu den Sektoren. Wer in Massone parkt: Den Ort in nordöstlicher Richtung verlassen, im Anschluss den breiten Fahrweg durch die Olivenhaine folgen (ca. 10 min). Von Arco kommend in ca. 30 Minuten zum Klettergarten: Von der Eisdiele „Gelato Mio“ am Eingang des Ortes über die Brücke, dann nördlich der Straße Viale Arciprete Francesco Santoni folgen bis zum Kreisverkehr. Danach die zweite rechts in die Via Alessandro Volta, weiter geradeaus und wieder rechts, an der Kirche vorbei. Anschließend auf der Straße Localita Braila durch Olivenhaine bis zum Klettergebiet.
Beste Jahreszeit // Durch die südseitige Exposition ist das Klettern ganzjährig möglich.
Übernachtung // Im Ort. Ansonsten Campingplatz Arco oder Camping Zoo.
Anreise // Über Innsbruck, Bozen, Trient und Rovereto nach Arco. Von dort wie beschrieben zum Klettergebiet Massone.
Parkplatz // Unterhalb des Klettergebietes oder in Massone (Parkmöglichkeiten am Fels sind beschränkt).
Kosten // –
Ausrüstung // 70 Meter Seil, Kletterschuhe, Gurt, Exen, Sicherungsgerät, Chalk Back.
TIPP // Wer mehrere Tage am Stück zum Klettern in Arco ist, sollte sich auch die Gebiete Nago, Belvedere und San Paolo anschauen. Ein Besuch ist auf jeden Fall lohnend, wenn auch hier die Felsen schon etwas poliert sind. Die Abwechslung macht´s halt!